Ein Kommentar von Peter Wenig

Die Frage, wer denn nun ins Lager der Täter gehört und wer sich zu den Opfern rechnen darf, wird nach schweren Krawallen regelmäßig intensiv diskutiert. Dies konnte nach den brutalen Auseinandersetzungen beim Alsterdorfer Hallenfußballturnier gar nicht anders sein. Und selbstredend ist es das gute Recht der Beteiligten, sich öffentlich zu Schuldvorwürfen zu äußern.

Dennoch muss sich der FC St. Pauli fragen, ob die gestrige Pressekonferenz wirklich eine gute Idee war. Die Verantwortlichen nutzten das Forum vor allem zu einer regelrechten Abrechnung mit der Polizei - also ausgerechnet mit den Beamten, die in Alsterdorf buchstäblich ihre Knochen hingehalten haben, um die eskalierende Gewalt irgendwie einzudämmen.

Dabei wären schon angesichts des Sündenregisters des Zweitligaklubs - aktuell läuft gerade beim DFB ein Kontrollverfahren wegen eines Kassenrollenwurfes aus dem Fanblock gegen einen Frankfurter Spieler beim 2:0 gegen die Eintracht - eher Demut und vor allem Selbstkritik angebracht. Schon seit Langem drängt sich der Eindruck auf, dass der Klub die klare Distanzierung von seinen Problemfans meidet, um keinen neuen Zwist mit den mächtigen Ultras zu riskieren.

Zu hinterfragen ist auch die Rolle des Sicherheitschefs Sven Brux, der gestern öffentlich erklärte: "Wenn einer Nazi-Sprüche macht, muss ihm klar sein, dass ihm das auch körperlich nicht guttun wird." Wer auf diese Weise gewaltbereiten Fans eine Art Persilschein ausstellt, ist nicht mehr Teil der Lösung, sondern längst Teil des Problems. Und genau genommen nicht mehr tragbar für diesen zentralen Job.