Der Teamchef spazierte nach dem 1:0 über Argentinien allein über den Rasen des Stadions

Die Abendblatt-Reporter Rainer Grünberg und Jens Meyer-Odewald erlebten den deutschen WM-Sieg im Olympiastadion mit. Hier ihr Bericht.

Franz Beckenbauer stand mutterseelenallein am Mittelkreis des Olympiastadions von Rom. Der Vollmond hatte sein ganzes Licht entfaltet, und Beckenbauers Spieler liefen eine Ehrenrunde nach der anderen. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ließ sich nach dem 1:0-Sieg im Finale um die Weltmeisterschaft gegen Argentinien feiern, und ihr Teamchef, die Goldmedaille um den Hals, genoss den Triumph für sich alleine.

Das Licht im Stadion war abgeschaltet, überall erhellten Leuchtfeuer und Laserstrahlen den dunklen Himmel über Rom. Derweil stand Argentiniens entthronter Superstar Diego Maradona, der nach 79 Länderspielen seinen Abschied im Nationaltrikot verkündete hatte, abseits und hatte Tränen in den Augen. "Fußball kann so ungerecht sein." Es war ein gerechtes Ergebnis.

In einem einzigen Sturmlauf hatten die deutschen Fußballer den Titelverteidiger durch ein Tor von Andreas Brehme in der 85. Minute bezwungen. Lothar Matthäus, der Mannschaftskapitän, sagte in der Kabine, als Bundeskanzler Helmut Kohl zur Gratulation erschien: "Es war ein verdienter Sieg. Ich wollte nicht immer als Verlierer vom Platz gehen. Es war mein schönstes Erlebnis als Fußballprofi, und ich mich möchte mich dafür im Namen meiner Mannschaftskameraden bei Franz Beckenbauer bedanken." Kohl, nachdem er die Champagnerflasche abgesetzt hatte, steuerte Folgendes bei: "Ihr habt bewiesen, dass eine intakte Gemeinschaft so viel erreichen kann."

Franz Beckenbauer meinte: "Es war nicht der Sieg eines Spieles, sondern es gab bei dem Turnier keine Mannschaft, die uns das Wasser hätte reichen können." Dann allerdings schoss Beckenbauer im Überschwang weit über das Ziel hinaus: "Die deutsche Mannschaft wird durch die Spieler aus Ostdeutschland noch kompakter werden. Wir sind jetzt schon die Nummer eins in der Welt. Wir werden über Jahre hinaus nicht zu besiegen sein. Das tut mir leid für den Rest der Welt."

Der Foulelfmeter fünf Minuten vor dem Abpfiff war eine Konzessionsentscheidung des mexikanischen Schiedsrichters Mendez. Selbst Beckenbauer gab zu: "Da hat Rudi Völler wohl ein bisschen nachgeholfen." Völler sah es anders: "Ich bin weggestoßen worden. Ich bin vielleicht etwas spektakulär gefallen, aber es war keine Schwalbe."