"Soul wird dieses Jahr noch ein großes Ding", erzählte am Wochenende ein Kollege, frisch zurück aus den Klubs von New York. Stevie Wonder kommt im Juli in den Stadtpark. Das "Baltic Soul Weekender"-Festival am kommenden Wochenende in Weißenhäuser Strand ist ausverkauft. Und Soul-Pop-Beau Mehrzad Marashi ist zumindest 2010 ein "Superstar" und damit ein gefundenes Fresschen für die "DSDS"-Vermarktungsmaschine, die nach dem Finale am Sonnabend für viele Wochen auf vollen Touren drehen wird.

Blickt man auf die komplette siebte Staffel von "Deutschland sucht den Superstar" zurück, dann gibt es eigentlich nur eine Richtung, die Mehrzad, seine Produzenten, Texter und Arrangeure einschlagen könnten: Soul-Pop. Sein Herzenssong im Finale war "My Endless Love", im Original ein Soundtrack-Duett von Diana Ross und Lionel Richie aus dem Jahr 1981 - sprich aus einem Jahr, in dem der ursprüngliche Soul nach Funk und Disco längst mit Weichspüler durchgegurgelt worden war.

Soul-Pop-Balladen mit Herz und Schmerz und ein lustiges Bärtchen: Tatsächlich hat Heiratsantrag-Romantiker Mehrzad so manche Gemeinsamkeit mit Lionel Richie - eine sanfte Xavier-Naidoo-light-Stimme und ein gepflegtes Outfit. Sobald also die bohlensche Archiv-Single "Don't Believe" als Single veröffentlicht (23. April) sein wird, geht es an den Feinschliff für Mehrzads Karriere.

Das wird vielleicht nicht einfach: Mehrzads Vorgänger Daniel Schuhmacher erreichte zwar die Spitze der Charts, nach der Trennung von Produzent Dieter Bohlen aber fehlte der "Killerinstinkt", wie Bohlen sagte. Und zu diesem Killerinstinkt gehört es auch, sich kalkuliert zu verbiegen, ein gutes Beispiel ist der "DSDS"-Sieger von 2007, Mark Medlock. Der verstand sich als Soul- und Gospelsänger mit James Brown als Vorbild und sang sich mit diversen Soul-Nummern inklusive "Endless Love" auch zum Sieg. Danach aber ging er den faustischen Pakt mit Dieter Bohlen ein, und dementsprechend klingen Medlocks vier bis 2009 veröffentlichte Top-Ten-Alben und sechs Hitsingles wie Neo-Wham! - gemacht für eine breite sommerliche Zielgruppe zwischen gebräunten Gays auf Mykonos und bleichen Alkoholleichen in Lloret de Mar.

Vielleicht ist das ein Fingerzeig für Mehrzad Marashi: künstlerisches Weniger kann kommerzielles Mehr sein.

Und wie klingt das Mehr? Nach Hip-Hop wohl kaum, damit fiel er schon 2006 (als "Marasco") auf die Nase. Die Nische als Soul-Pop-Loverboy allerdings ist gerade vakant, der gute Lionel Richie ist nämlich auch schon 60.

Vielleicht böte sich daher eine Neuinterpretation von "My Endless Love" in seiner ursprünglichen Duettform an - mit Mehrzad Marashi und Elli Erl, damit die vergessene einzige Siegerin von "Deutschland sucht den Superstar" auch etwas zu tun hat.