Im Nachhinein ergibt alles einen Sinn. Als die CDU am Montagabend im Hotel Interconti ihre Mitgliederversammlung eröffnete, saß er in der ersten Reihe, von Anfang an. Ganz außen und relativ unbeachtet zwar, aber immerhin. Auch als CDU-Chef Michael Freytag seinen Rücktritt als Finanzsenator ankündigte, nahm noch kaum jemand Notiz von dem Mittvierziger mit der dunklen Brille und dem adretten Scheitel. Auf die Frage des Abendblatts, ob sich nun das seit Herbst kursierende Gerücht bewahrheite, er könnte neuer Finanzsenator werden, musste er schmunzeln: Ja, das Gerücht kenne er, mehr gebe es dazu aber derzeit nicht zu sagen.

Kurz darauf war der Gesprächsbedarf umso größer. Denn gegen 19 Uhr teilte Bürgermeister Ole von Beust mit, wen er sich als neuen Finanzsenator wünscht: Carsten Frigge, 46 Jahre, Staatsrat in der Wirtschaftsbehörde, der Mann ganz außen in der ersten Reihe, ein langjähriger Weggefährte Beusts schon aus gemeinsamen Zeiten in der Jungen Union. Was dann folgte - Blitzlichtgewitter, Interviews mit Zeitungen, Radio- und Fernsehsendern - ließ Frigge geduldig und freundlich über sich ergehen, obwohl es nicht gerade zu seinen Lieblingsaufgaben gehört.

Er arbeite lieber im Hintergrund, heißt es in seinem Umfeld. Zuhören, moderieren, Lösungen suchen, das seien seine Stärken - erworben in 15 Jahren als selbstständiger Unternehmensberater. In der Wirtschaftsbehörde, wo er erst Mitte 2008 den wegen der Möbel-Höffner-Affäre entlassenen Gunther Bonz als Staatsrat abgelöst hatte, hat er sich in kurzer Zeit einen guten Ruf erworben - intern wie extern. So habe er jüngst die Lösung im Streit mit der GAL um das Hafenprivileg maßgeblich eingefädelt. Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) sieht den Abschied seines Staatsrats daher "mit einem lachenden und einem weinenden Auge", sagte er dem Abendblatt. Frigge habe "fachlich wie menschlich überaus überzeugt". Gedaschko: "Für das Haus ist sein Weggang sehr bedauerlich, für den Senat ist er aber ein echter Gewinn."

Auch in der CDU-Fraktion wird Frigge als "ausgesprochen heller Kopf" gelobt, zurückhaltend zwar, aber sehr politisch und in größeren Zusammenhängen denkend. Selbst von der Opposition ist als einzige Kritik zu vernehmen, Frigge sei "in der finanzpolitischen Diskussion bisher nicht in Erscheinung getreten". Das dürfte für den "Neuen" aber eher Vor- als Nachteil sein. Denn während Freytag von den drei Krisenherden HSH Nordbank, Hapag-Lloyd und Milliarden-Haushaltsloch am Ende zermürbt war, geht Frigge diese Herkulesaufgaben unbeschwert an.

Einholen könnte ihn noch seine Zeit als Geschäftsführer der Düsseldorfer Beratungsagentur C4 - an der er noch zu 50 Prozent beteiligt ist. C4 hatte 2005 die CDU in Rheinland-Pfalz im Wahlkampf beraten, und seitdem steht der Vorwurf im Raum, die Landtagsfraktion habe 386 000 Euro für Parteizwecke, nämlich den Wahlkampf ihres Spitzenkandidaten Christoph Böhr, ausgegeben. Der Bericht des Rechnungshofs wird seit Monaten mit Spannung erwartet. Erschwert wird die Sache dadurch, dass C4 seinerzeit sowohl die Fraktion als auch die Partei beraten hatte, die CDU aber alle Unterlagen dazu "verloren" haben will.

Juristisch ist die Angelegenheit für Frigge, der sich derzeit nicht äußert, unbedenklich - als Auftragnehmer ging es ihn nichts an, aus welchem Topf sein Auftraggeber das Geld nahm. Politisch hingegen stellt sich die Frage, ob der Politiker Frigge die Lage hinreichend hinterfragt hat. Das zu klären, hat sich die Opposition vorgenommen. Aus der SPD, die dazu bereits zu Frigges Amtsantritt ein Feuerwerk an Kleinen Anfragen gestellt hatte, heißt es: "Wir bleiben dran."