Jede dritte Straße ist kaputt. Auch Fuß- und Radwege sind betroffen. Und für die Sanierung ist - trotz Sofortprogramms - zu wenig Geld da.

Mit Schweizer Käse hat sich Matthias Schmitting beruflich bislang noch nicht befasst. Jetzt aber kommt der ADAC-Verkehrsexperte um einen Vergleich nicht mehr herum. "Hamburgs Straßen sehen aus wie ein Schweizer Käse", sagt er. Der Asphalt ist aufgerissen, Schlagloch reiht sich an Schlagloch, daneben tiefe Rillen und bröckelnder Asphalt. Schmitting hat sich Zeit genommen für eine Inspektionstour mit dem Abendblatt durch die Hamburger Kraterlandschaft. 35 Kilometer quer durch die Stadt. Bundes-, Haupt-, Nebenstraßen sollen auf den Prüfstand genommen werden.

Die Route beginnt in der Konzernzentrale an der Amsinckstraße. Auf der Nordkanalstraße tut sich das erste Schlagloch auf. Medizinball-groß, zehn Zentimeter tief. Der Mercedes rumpelt über Bürgerweide und Sechslingspforte an die Außenalster, nimmt zwischen Schwanenwik und Hofweg rund 20 Schlaglöcher mit. "Hier müssen sie verfüllen", sagt Schmitting. Und meint mit "sie" die Bezirke, die für Sicherung und Erhalt der Straßen zuständig sind. Und denen seit Jahren das Budget gekürzt wird. Schmitting, der sich seit 1994 mit dem Thema Straßensanierung beschäftigt, kann nur den Kopf schütteln. "Die Stadt spart ihre Straßen kaputt." Vor 27 Jahren habe es in Hamburg das letzte Mal einen ausgeglichenen Haushalt für Straßen und Wege gegeben. "Seitdem wird der Etat Jahr für Jahr runtergefahren." Die Folgen sind dramatisch. "Wir haben auf den 3600 Kilometern Straßennetz Zehntausende Schlaglöcher", sagt Schmitting.

Im Hofweg sind geflickte Stellen wieder aufgerissen. Auf der Maria-Louisen-Straße in Winterhude lugt das Kopfsteinpflaster aus den Schlaglöchern. Und in der Sierichstraße, der wichtigsten Verbindung zwischen Innenstadt und den nördlichen Stadtteilen, klaffen tiefe Löcher. "Die Reparatur kostet zwischen 250 und 1000 Euro pro Loch", sagt Schmitting. "Und die meisten Reparaturen halten höchstens zwei Jahre." Zwar habe die Behörde für Stadtentwicklung auf Drängen des ADAC zehn Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt, doch reiche das nur für die Hauptstraßen. "60 Millionen Euro jährlich, verteilt über fünf bis sechs Jahre, sind nötig", sagt Schmitting. Zu Recht habe der Rechnungshof die Stadt wegen der Straßenzustände gerügt. "Aufgrund zu niedriger Investitionen ist der Wert des Straßennetzes von 3,9 Milliarden Euro auf 1,5 Milliarden Euro gesunken", sagt Schmitting. "Wenn das so weitergeht, sind unsere Straßen in 27 Jahren nichts mehr wert."

Im Doormannsweg Höhe Eimsbüttler Straße in Eimsbüttel klafft ein Krater mit einem Durchmesser von einem Meter auf der Fahrbahn. Die Autofahrer rasen mit 50 Stundenkilometern vorbei. Viele von ihnen sehen das Loch zu spät. Für einen Motorradfahrer oder Radfahrer können solche Löcher lebensgefährlich werden.

Eckernförder Straße, Stresemannstraße, Ebertallee - die Holpertour geht weiter. Die Straßen gleichen einem Flickenteppich, ausgefranst, zerlöchert. An der Kreuzung Reventlowstraße/Waitzstraße in Groß Flottbek hat der Frost ein 15 Zentimeter tiefes Loch in den Asphalt gebrochen. Genau dort, wo die Fußgänger über die Ampel gehen. "Solche Schäden müssen innerhalb von 24 Stunden behoben oder abgesichert werden", sagt Schmitting. In der Bernadottestraße Höhe Hohenzollernring sichert ein Verkehrsleitkegel ein mit Regenwasser gefülltes Schlagloch. Wann hier ausgebessert wird, ist fraglich. Die Straße hat keine Priorität. Anders als Elbchaussee und Landungsbrücken, wo ein weiteres Dutzend Schlaglöcher auf ihre Füllung warten. Schmitting nimmt es nach zwei Stunden Rumpelfahrt mit Galgenhumor. "Loch an Loch und es hält doch", sagt er. Womit er wieder beim Schweizer Käse wäre.