Während sich die Kurse von Evotec und Freenet mehr als verdoppelten, sackten Papiere von Emissionshäusern drastisch ab.

Hamburg. Es lag ein Hauch der viel beschworenen Jahresendrallye in der Luft: Dem Deutschen Aktienindex (DAX) gelang gestern der Sprung über die Marke von 6000 Punkten - ein Terrain, in dem sich das wichtigste inländische Börsenbarometer zuletzt im Herbst 2008 aufgehalten hatte. Damit hat der Leitindex in diesem Jahr bislang mit einem Plus von fast 25 Prozent einen Aufschwung geschafft, den vor zwölf Monaten niemand erwartete.

Nahezu exakt den gleichen Kursgewinn hätten Anleger, die ausschließlich auf Börsenwerte aus Hamburg gesetzt hätten, verbucht. Dies lässt sich am 25 Unternehmen umfassenden Haspax ablesen. Dabei ist die Spanne zwischen Gewinnern und Verlierern enorm groß. Zu den erfolgreichsten Titeln gehört die Aktie des Biotechunternehmens Evotec, deren Notierung sich weit mehr als verdoppelte. Christian Peter, Marktexperte bei Sal. Oppenheim, führt dies auf die grundlegende Restrukturierung von Evotec unter der Führung des neuen Vorstandschefs Werner Lanthaler zurück. Vor allem aber beurteilt Peter auch die Aussichten positiv: "Wir meinen, dass die Wachstumspläne des Unternehmens vielversprechend aussehen." Bis 2012 könne Evotec in die Gewinnzone kommen.

Ebenfalls mehr als verdoppelt (auf zuletzt 9,40 Euro) hat sich der Kurs des Telekommunikationsanbieters Freenet. Auch hier erwarten Experten noch mehr: "Wir sind recht optimistisch, dass die Restrukturierung des Unternehmens greift und der Vorstand im kommenden Jahr eine attraktive Dividendenpolitik ankündigen kann", sagte Jochen Reichert vom Hamburger Analysehaus SES Research. "Wir gehen daher von weiter steigenden Kursen im Jahr 2010 aus, den fairen Wert der Aktie sehen wir bei 14 Euro."

Überdurchschnittlich gewonnen haben auch Titel des Gabelstaplerbauers Jungheinrich - allerdings nach einem enorm steilen Absturz im Vorjahr. "Da hat sich schon die Erwartung einer wieder anziehenden Weltkonjunktur ausgewirkt", meint Haspa-Analyst Ingo Schmidt. Zuvor habe der Jungheinrich-Vorstand aber auch rechtzeitig auf den Wirtschaftsabschwung reagiert und Kapazitäten abgebaut. "Die Aktie ist noch immer eher günstig bewertet, das Kursziel für die nächsten Monate sehe ich bei 16 Euro", so Schmidt.

Überraschend gut gehalten hat sich 2009 angesichts des dramatischen Einbruchs in der Schifffahrt die Aktie der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) - allerdings ebenfalls nach empfindlichen Kursverlusten im Vorjahr. "In den Notierungen sind schon die Hoffnungen der Investoren auf eine Erholung des Welthandels und die positiven Signale aus China enthalten", sagte Oliver Drebing, Analyst von SRH AlsterResearch. Damit bestehe die Gefahr von Kursrückschlägen für den Fall, dass die Konjunktur weniger kräftig wieder anzieht als erwartet. Langfristig jedoch sei die HHLA-Aktie als Logistiktitel attraktiv und so veranschlagt Drebing das Kursziel auf 35 Euro.

Deutlich unterdurchschnittlich im Vergleich zum Gesamtmarkt entwickelten sich in den zurückliegenden zwölf Monaten die Anteilsscheine von Fielmann. Das könnte sich im nächsten Jahr ändern, wenn Haspa-Analyst Christian Hamann mit seiner Einschätzung richtig liegt: "Die Gewinne von Fielmann waren durch die sehr starke Expansion etwas unter Druck geraten, aber diese Investition dürfte sich künftig auszahlen." Hamanns Kursziel für Fielmann liegt bi 58 Euro.

Hamburgs einziger DAX-Titel, die Aktie des Nivea-Herstellers Beiersdorf, gehörte ebenfalls nicht zu den Börsenstars des nun ablaufenden Jahres. Wie andere Analysten sieht auch Drebing wenig Grund für Euphorie. Von der erwarteten Konjunkturerholung werde Beiersdorf nur unterdurchschnittlich profitieren.

Zu den Schlusslichtern unter den Hamburger Titeln gehören mit einem Minus von mehr als 30 Prozent die Aktien des Solarunternehmens Conergy. In ähnlich großem Umfang büßten die Papiere der Emissionshäuser MPC Capital und HCI Capital an Wert ein - und Ralf Dibbern vom Bankhaus M.M.Warburg sieht wenig Hoffnung auf eine baldige Besserung: "Für die Platzierung von Eigenkapital zur Finanzierung neuer Schiffe sind die Aussichten anhaltend schlecht." Aber auch im Hinblick auf die Börse insgesamt sei Vorsicht angebracht, meint Drebing: "Ich sehe großes Enttäuschungspotenzial in den Märkten."