Jetzt schlägt die Wirtschaftskrise offenbar voll durch, bald geht es auch der Kultur an den Kragen. Diesen Eindruck musste man zu Jahresbeginn gewinnen, als Kunsthallen-Chef Hubertus Gaßner in einem NDR-Interview davon sprach, dass private Kunstsammler möglicherweise bald ihre Leihgaben aus den Museen abziehen würden: "Es sind immer Einzelfälle, aber dann geht es manchmal von heute auf morgen. Es geht um Dinge, die fünf oder zehn Jahre im Haus waren. Dann kommt ein Anruf: Bitte einpacken, morgen muss es da und da sein." Obwohl Gaßner seine offenen Worte schon bald bereute und die Brisanz seiner Aussagen zu mildern versuchte, aus der Welt schaffen ließen sie sich nicht mehr. Dabei blieb die Kunsthalle bislang von spektakulären Rückholaktionen verschont.

Dafür traf es das Museum für Kunst und Gewerbe umso härter. Das Haus am Steintorplatz, das einen beträchtlichen Teil seiner Schätze der Großzügigkeit privater Mäzene verdankt, musste Ende Mai bekannt geben, dass es einen besonders wertvollen Teil seiner Porzellansammlung verliert. Dabei geht es um die erlesene Meißen-Kollektion der Brüder Horst und Dieter Hoffmeister, die seit 1999 als Dauerleihgabe präsentiert wird und eigentlich in das Eigentum des Museums übergehen sollte. Der Wert der im Lauf von Jahrzehnten zusammengetragenen Sammlung wird auf etwa 14 Millionen Euro geschätzt. "Wir sind eindeutig Opfer der Finanzkrise geworden", sagte Museumsdirektorin Sabine Schulze dem Abendblatt. "Die Brüder Hoffmeister ziehen die Sammlung zurück, weil sie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind."

Sicher ist es ein Ausnahmefall, dass Sammler, die als Mäzene gefeiert wurden, sich am Finanzmarkt verzocken und die Werke, die sie eigentlich einem Museum zugesagt hatten, dann doch lieber verkaufen. Trotzdem zeigt sich gerade in Zeiten der Krise, dass Mäzenatentum und privates Engagement - so wichtig sie für eine bürgerliche geprägte Stadt wie Hamburg seit Jahrhunderten auch sind - von wirtschaftlichen und konjunkturellen Rahmenbedingungen abhängig bleiben. Kultur ist Sache der Allgemeinheit und damit eine öffentliche Aufgabe, auch wenn sich der Staat in den letzten Jahrzehnten ein Stück weit zurückgezogen hat - und etwa den Ankauf von Kunstwerken in immer stärkerem Maße Stiftern, Spendern und Mäzenen überlässt.