Der Anruf kam vor zwei Wochen, mitten in der Nacht. Ob sie wieder ein neugeborenes Pflegekind übernehmen könne? Birgit Martschin (47), ehrenamtliche Pflegemutter beim Projekt Findelbaby, sagte sofort zu. Der kleine Simon ist schon das achte Baby, das sie seit 2006 betreut. "So schnell das Kind kommt, so schnell kann es wieder weg sein", sagt die gelernte Kinderarzthelferin. Zehneinhalb Wochen, länger hat sie ein Pflegebaby noch nie behalten.

Denn das ist das Konzept: Die leiblichen Mütter sollen die Möglichkeit bekommen, ihre Kinder anzunehmen. Deshalb richtete der Verein SterniPark vor zehn Jahren eine Notrufnummer für werdende Mütter in Not ein. Ehrenamtliche Helferinnen beraten, vermitteln eine anonyme Geburt im Krankenhaus oder assistieren im Notfall per Telefon bei der Hausgeburt.

Auch nach der Geburt werden die Mütter weiter betreut. Hinzu kommen seit dem Jahr 2000 zwei Babyklappen, in denen Eltern ihre Kinder anonym abgeben können. Die Kinder leben bis zu acht Wochen lang in Pflegefamilien. Während dieser Zeit können die leiblichen Eltern ihr Baby sehen - viele entscheiden sich dann doch dafür, es selbst großzuziehen. Andernfalls wird das Kind in eine Pflegefamilie oder zu Adoptiveltern weitervermittelt.

38 Kinder wurden nach Angaben von Projekt Findelkind seit 2000 in den beiden Hamburger Babyklappen abgegeben, in diesem Jahr waren es zwei. 14 dieser Babyklappen-Kinder leben heute wieder mit ihrer leiblichen Mutter zusammen. Insgesamt 300 Müttern hat das Projekt nach eigenen Angaben bereits geholfen.

Doch über dem zehnjährigen Bestehen liegt ein Schatten: SterniPark streitet seit Monaten mit der Sozialbehörde. Sie will informiert werden, sobald ein Kind abgegeben wird. Und der Ethikrat hat jüngst empfohlen, Babyklappen und Angebote zur anonymen Geburt abzuschaffen.

Von SterniPark kommt Widerspruch: "Die Empfehlungen haben keinen Bezug zur Lebensrealität", sagt Schauspielerin Gesine Cukrowski, Vorsitzende der Stiftung Findelbaby - Mütter in Not: "Wir sind sicher, dass es Frauen gibt, die dauerhaft Anonymität benötigen."