Integratives Krippenspiel in der St.-Andreas-Kirche: Von den 17 Kindern haben neun zum Teil schwere geistige und körperliche Handicaps.

Hamburg. Über Marias ernstes Gesicht huscht immer wieder ein kleines Lächeln. Josef sitzt im Rollstuhl und lacht vergnügt, ein blonder Engel schwingt unermüdlich die Glöckchen, die er in der Hand hält. Auch die drei Könige, die Hirten und ihre Schäfchen, die sich vor dem Altar der Eimsbüttler St.-Andreas-Kirche tummeln, haben sichtlich Spaß - bei dieser Generalprobe eines integrativen Krippenspiels. Im Gottesdienst am Sonntag nach Weihnachten werden die 17 Kinder im Alter von drei bis zehn Jahren das Eingeübte vorführen.

Für neun von ihnen ist es eine ganz besondere Leistung: Sie haben zum Teil schwere geistige und körperliche Handicaps. Jonna (9), die Maria, hat einen Herzfehler und ist leicht geistig behindert. Veit Jasper (6), der Josef, ist seit seiner Geburt spastisch gelähmt und kann kaum sprechen. Auch der Engel Emil (7), der Hirte Alexander (9) und Len (7), einer der drei Heiligen Könige, sind in verschiedenen Härtegraden gehandicapt.

Die Idee, ein integratives Krippenspiel zu initiieren, stammt von Heiko Jahn - Pastor an St. Andreas und Vater von Veit Jasper. Vor drei Jahren gründete er die Krippenspielgruppe mit Eltern anderer behinderter Kinder. "Es ist immer wieder rührend, mit welcher Hingabe die Kinder bei der Sache sind", sagt Pastor Jahn. Und tatsächlich. Als er beginnt, die Weihnachtsgeschichte vorzulesen, steht Maria geduldig und aufmerksam vor dem Altar. Ein paar Schritte links von ihr kauern mit leuchtenden Augen Schäfchen und Hirten, auf der anderen Seite warten rotwangige Engel und Könige auf ihren Einsatz. Manche der kleinen Darsteller brauchen die Nähe ihrer Mütter, die hinter ihnen knien und sie liebevoll festhalten oder sie mit sanftem Nachdruck auf ihren Einsatz aufmerksam machen. Die Kinder strahlen, als "Tochter Zion" gesungen wird. Danach schiebt Maria ihren Josef im Rollstuhl behutsam erst zur einen Seite des Altarraums, dann zur anderen - auf der Suche nach einer Herberge.

In den Jahren zuvor hat Heiko Jahn die Weihnachtsgeschichte komplett vorgelesen, dieses Jahr übernehmen die Kinder zum ersten Mal kleine Sprechrollen. Teilweise benötigen sie dazu die Hilfe eines Kommunikators. So ist an Josefs Rollstuhl ein Sprachcomputer befestigt, der auf Tastendruck reagiert und so anstelle von Josef die Herbergswirte nach einer Unterkunft fragt.

"Unsere Initiative bringt Kinder zusammen, die sich sonst nur in besonderen Integrationsschulen oder -kindergärten begegnen", sagt Jahn. "Wie selbstverständlich spielen sie zusammen, helfen sich gegenseitig und lernen sich dabei kennen."

Eine Bereicherung ist das gemeinsame Spielen und Singen aber nicht nur für die Behinderten. "Ich finde es schön, dass für meine Kinder die Grenzen verschwinden und es ihnen egal ist, ob Josef im Rollstuhl sitzt oder nicht", sagt etwa Marion Struck. Ihre Kinder Julia (3) und Marlene (5) spielen Schaf und Hirte - und gehören zu den Kindern ohne Handicap. Das unkonventionelle Krippenspiel wird am Sonntag, 27. Dezember, um 10 Uhr in der St.-Andreas-Kirche (Bogenstraße 30) aufgeführt.