Der Anschlag auf das Polizeikommissariat an der Lerchenstraße hat sich am Tag danach im Schanzenviertel nur teilweise herumgesprochen. Es ist wenig los in der Schanze an diesem verregneten Dezembernachmittag. Wer kann, bleibt bei diesem Wetter zu Hause. Wer von dem Anschlag erfährt, ist meist schockiert. So wie ein Ladenbesitzer an der Schanzenstraße: "Das ist ja Wahnsinn", sagt er. Wie fast alle Geschäftsleute im Viertel sagt er zwar seine Meinung, möchte aber nicht namentlich genannt werden - viele haben Angst, am nächsten Tag eine eingeschlagene Schaufensterscheibe zu haben. "Man fragt sich, worum es diesen Leuten eigentlich geht, die so etwas machen. Da fehlt mir jedes Verständnis für diese Wahnsinnigen." Ein Kunde mischt sich in das Gespräch ein: "Hey, Moment mal. Du verlierst gleich einen Kunden. Ich war auch mal so ein Wahnsinniger in jungen Jahren", sagt der Kunde mit der Wollmütze. Was er von diesem Anschlag hält? "Ich werde dazu nichts sagen. Das macht sowieso keinen Sinn."

Ein paar Schritte weiter hat Holger Dabelstein sein Zoofachgeschäft. Er verurteilt den Angriff auf das Polizeikommissariat. "Ich bin grundsätzlich gegen jegliche Form von Gewalt." Im Jesus-Center am Schulterblatt sitzt Manfred, ein Altpunk mit dicken silbernen Ringen an den Fingern und weiß-schwarz lackierten Nägeln. "Ich war gerade im Flora Park", sagt er, "ich glaube nicht, dass es einer von denen war. Die finden diesen Anschlag unmöglich. Ich habe einen Kumpel, der aktiv in der Flora ist." Manfred, der seit 22 Jahren in der Schanze zu Hause ist, vermutet, dass Jugendliche dahinter stecken. "Mitläufer, die jetzt mal zeigen wollen: Wir können auch anders." Solch ein Anschlag geht zu weit, sagt Manfred. "Das ist ein bewusster Überfall, der nicht vertretbar ist. Das muss aufgeklärt werden - wir älteren Punks kommen dadurch in Verruf. Dabei wollen wir nur unsere Ruhe haben."

Ruhe, das wollen die meisten Menschen hier. "Das sind Typen, die machen hier alles kaputt", sagt Maria, die im Haus 73 eine Cola trinkt. "Die so etwas machen, wollen Randale und sich nur mit den Bullen kloppen wie in Berlin Kreuzberg."