Der Einjährige leidet an todbringender Krankheit. Er ist dringend auf eine Stammzellen- transplantation angewiesen.

Hammah/Hamburg. Im vergangenen Februar brach für Sonja und Jens Lühmann aus Hammah, einem Dorf bei Stade, eine Welt zusammen. Sie erhielten eine niederschmetternde Diagnose, die ihr Leben dramatisch veränderte: Ihr Sohn Jannis leidet an der Erkrankung Hämophagozytische Lymphohistiozytose, kurz HLH, die das blutbildende System angreift. Um wieder gesund zu werden, braucht der Einjährige eine lebensrettende Stammzellentransplantation. Bisher wurde allerdings kein passender Spender gefunden, obwohl sich bereits etwa 3000 Menschen aus dem Landkreis Stade bei mehreren Aktionen für Jannis typisieren ließen.

Nun soll eine weitere Spenden-Aktion neue Hoffnung bringen. Am Freitag ließen sich unter anderem mehr als 200 Polizisten bei der Post am Überseering in der City Nord Blut abnehmen. Das Logistik-Unternehmen hatte umliegende Firmen und Einrichtungen dazu aufgerufen. "Ich finde, jeder sollte das tun. Schließlich kann es jeden treffen. Und je mehr Menschen mitmachen, desto eher kann geholfen werden", sagte Polizeianwärter Christian Graf (32).

"Im Moment geht es Jannis den Umständen entsprechend gut. Er hat keine Schmerzen, und das ist schon viel wert", sagt Sonja Lühmann. Ihr Sohn mache Fortschritte und habe seinen körperlichen Entwicklungsrückstand dank Krankengymnastik aufgeholt. "Nur das Sprechen müssen wir noch üben", sagt die 30-Jährige. Sie hofft, dass ihr Sohn bald "Mama" sagen kann.

Alle 14 Tage wird der Einjährige im UKE ambulant behandelt. Im Sommer bekam er die bislang letzte Chemotherapie. Jetzt wachsen dem Jungen wieder Haare. Dennoch ist sein kleiner Körper von der lebensbedrohlichen Krankheit gezeichnet. Sein Gesicht ist vom Kortison und weiteren Medikamenten geschwollen.

Morgens und abends muss Jannis die Arzneimittel einnehmen, die den Ausbruch der Krankheit unterdrücken. "Früher hat er die Medikamente ausgespuckt, aber jetzt schluckt er die Tabletten tapfer."

Die lebensrettenden Medikamente haben aber auch Nachteile. Weil Jannis' Immunsystem so stark geschwächt wird, könne er sich leicht mit anderen Krankheiten anstecken und HLH ausbrechen. Bereits eine sonst harmlose Erkältung könne schwere Folgen haben. Daher darf Jannis nicht unter Menschen. Kinderarztbesuche finden vor den Sprechstunden statt. Einkaufen, Babyschwimmen, Krabbelgruppe - alles zu risikoreich.

Ein normaler Familienalltag ist undenkbar. "Wir leben sehr isoliert", sagt Sonja Lühmann. Dennoch sei sie für den Gesundheitszustand ihres Sohnes dankbar. "Ich genieße jede Stunde, die ich mit Jannis verbringen darf." Die Angst und Sorge sei allerdings immer präsent. Schwierig werde es, wenn der Einjährige älter wird. "Er kennt keine anderen Kinder, keinen Spielplatz oder Supermarkt. Noch vermisst er das nicht, aber das wird sich ändern."

Ein dauerhaft isoliertes Leben möchte die junge Mutter ihrem Sohn ersparen. Bei Familie Lühmann und in ihrem Bekanntenkreis gibt es daher seit Februar nur noch ein Thema: einen Stammzellenspender für Jannis.

Doch den passenden Spender zu finden ist extrem schwierig. Mehr als 3600 verschiedene Gewebemerkmale sind bekannt, die in Abermillionen Kombinationen auftreten können. Für eine Transplantation müssen Patient und Spender dieselben Merkmale haben. Nach den Erfahrungen der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) liegt die Chance, einen passenden Spender zu finden, zwischen 1:20 000 und eins zu mehreren Millionen.

Wer Jannis und weiteren Patienten helfen möchte, kann sich am heutigen Sonnabend von 10 bis 16 Uhr in der Asklepios-Klinik St. Georg (Lohmühlenstraße 5) typisieren lassen.