Michael Marschall schlüpft in die Rolle des Wasserträgers, erzählt von großen Bränden und kleine Anekdoten.

Es fängt an wie die Sandmännchensendung. "So, liebe Kinder", beginnt Michael Marschall. Mit einem gewaltigen Unterschied zum Sandmännchen: Die zwölf Kinder der Kita Hermannsthal aus Horn sind nicht zum Reesendamm in die Innenstadt gekommen, um bald die Augen zuzumachen und einzuschlafen. Die Hortkinder im Alter zwischen acht und neun Jahren wollen bei der Tour mit Michael Marschall in der Rolle des Hamburger Wasserträgers Hummel Einblicke in die Geschichte Hamburgs erhalten. Eine besondere Stadtführung extra für Kinder.

"Hummel, Hummel!", rufen die Kinder. "Mors, Mors!", antwortet Wasserträger Marschall. Hört sich ja auch netter an als "Hintern". In seinem kobaltblauen Hummel-Kostüm und mit dem hölzernen Joch über seinen Schultern für die beiden Holzeimer ist der Mann eine imposante Erscheinung. "Hummel, Hummel! Mors, Mors ist der offizielle Gruß der Hamburger überall auf der Welt", erklärt er den Kindern. Der Mann mit dem weißen Backenbart sieht nicht nur aus wie ein Märchenonkel. Mit seiner tiefen Stimme hört er sich auch so an.

Für seinen Job als Stadtführer braucht der gebürtige Kölner auch eine kräftige Erzählerstimme. Dass er Kinder mag, versteht sich bei diesem Job von selbst. Eigene haben der gelernte Industriekaufmann und seine Frau Kirsten nicht. "Wenn ich irgendwo hinkomme, sitzen gleich alle Hunde, Katzen und Kinder auf meinem Schoß", sagt er. Das reiche ihm.

Seit 1986 bietet der 55-Jährige Stadtführungen und Reiseleitungen in ganz Norddeutschland an. "Das ist mein Ding, zu sagen: Guten Tag, meine Damen und Herren, willkommen in Hamburg!" Deshalb beschäftigt er sich zu Hause in Groß Borstel auch privat mit der Geschichte Hamburgs. Gerade liest er ein 1000 Seiten starkes Buch über den Großen Brand von 1842. Dazu trinkt er grünen Tee. "Dann tanzen Sie 24 Stunden lang durch. Kaffee brauche ich nicht mehr."

Bücher sind seine Leidenschaft. Deshalb hat er sich vor etlichen Jahren auch um den Erhalt der Bücherhalle in Groß Borstel eingesetzt. Und dabei Ehefrau Kirsten, die Bibliothekarin, kennengelernt.

Bei der Führung mit den Kindern geht es weiter zum Rathaus-Innenhof. Dort am Brunnen erzählt "Herr Hummel" über unsauberes Trinkwasser und die Cholera-Epidemie 1892. "Den Brunnen kenne ich", sagt Anton (9). Er will auch wissen, warum nur den Küchenjungen ein Denkmal in der Rathauswand gewidmet wurde. "Es gab doch auch Mädchen ..." Darauf weiß sogar Marschall keine Antwort.

Etwa eineinhalb Stunden dauert die Tour über Trostbrücke, St. Nikolaikirche und Deichstraße bis zu den Krameramtsstuben am Michel. Zwischendurch kann Marschall auch ein bisschen strenger werden: "Legst du mal dein Handy weg?". Dann fährt er fort: "Hummel war Wasserträger, der schleppte zwei Eimer mit jeweils 30 Litern Wasser. Das war ganz schön schwer." Für die Kinder hat der Wasserträger Bonbons in den Eimern. Die sind ja auch viel leichter.

Die Hummeltour beginnt am Reesendamm nach Anmeldung sonnabends und sonntags jeweils um 15 und um 17 Uhr. Kosten: 15 Euro. Infos unter 41 92 94 94.