"Goldrausch ausgebrochen!" steht auf der Titelseite der aktuellen Werbebroschüre über die BallinStadt. Gemeint ist ein Gewinnspiel für die Besucher des 2007 eröffneten Auswanderermuseums auf der Veddel. Der Alltag beschert den Betreibern der Erlebniswelt eher leere Kassen: Ein dramatischer Besuchereinbruch führt zu wirtschaftlichen Kalamitäten.

Die für das Museum zuständige Kulturbehörde befürchtet eine Insolvenz der Betreibergesellschaft noch in diesem Jahr. Ein von Kultursenatorin Karin von Welck geleiteter Krisengipfel am Freitag belegt die Notlage: Statt der ursprünglich jährlich kalkulierten 150 000 zahlenden Kunden kamen in diesem Jahr bisher nur 66 000. Im Januar 2009 wurde mit 4500 Gästen ein absoluter Tiefpunkt verbucht.

Die Behörde, so ist intern bekannt, hegt seit Monaten erhebliche Zweifel am Konzept und an den Inhalten der BallinStadt. Das erste Krisengespräch mit den Betreibern fand bereits im Juni statt. Die Konkurrenz, das Auswandererhaus in Bremerhaven, schneide in puncto Besucherzuspruch und Preisvergaben erheblich besser ab.

Konkret wollte sich niemand zum Fall BallinStadt äußern. Der Grund: die laufenden Krisenrunden sowie anstehende Haushaltsberatungen. Denn bei einer Insolvenz wäre die Stadt gefordert - auch finanziell. Hamburgs Etat wurde mit rund zwei Dritteln der Investitionssumme in Höhe von 9,5 Millionen Euro belastet. Etwa drei Millionen brachten Sponsoren auf.

Die privaten Betreiber der BallinStadt wehren sich. "Das Konzept ist gut, Umfragen beweisen eine hohe Besucherzufriedenheit, nur das Standortmarketing der Stadt ist schlecht", sagte Museumsdirektor Jens Nitschke dem Hamburger Abendblatt. Von der versprochenen Belebung der Bezirke Veddel und Wilhelmsburg, dem "Sprung über die Elbe", sei kaum etwas zu spüren. "Die Lage ist nicht sexy", meint Nitschke. Gemeinsam mit Partner Volker Reimers leitet Nitschke das Unternehmen Leisure Work Group, Spezialist für Freizeitzentren. Die Firma verfügt über einen mit der Stadt ausgehandelten zehnjährigen Betreibervertrag. Nitschke fungiert als Direktor des Auswanderermuseums, Reimers als Geschäftsführer der BallinStadt GmbH.

"Wir reden uns schon seit Monaten den Mund fusselig", sagt Nitschke. "Passiert ist nichts." Er beklagt nicht nur mangelhafte Marketingmaßnahmen für die gesamte Region, sondern auch ein immer raueres Umfeld. Sei der 30 000 Quadratmeter große Ballinpark neben dem Museum nach der Eröffnung am 4. Juli 2007 auch außerhalb der Betriebszeiten von Anwohnern genutzt worden, sei damit schon seit Langem Schluss. "Ein Todesopfer, ein Raubüberfall und eine massive Zunahme der Sachbeschädigungen wirken abschreckend", sagt der Direktor. Mehrfach seien Autos aufgebrochen oder beschädigt sowie Museumsscheiben eingeschlagen worden. Zudem sei die Zahl der Beamten reduziert worden.

Beide Vorwürfe, die fehlende Sicherheit und der "Sprung über die Elbe" als Schlag ins Wasser, werden von den Behörden zurückgewiesen. "Unsere Großvorhaben zur Belebung der Region sind voll im Plan, können aber nicht über Nacht gezaubert werden", heißt es aus der Stadtentwicklungsbehörde. Und Thomas Butter, Sprecher des Innensenators, sagte: "Die polizeiliche Lage ist rund um das Auswanderermuseum völlig unauffällig. Die Besucher sind dort genauso sicher wie überall sonst in unserer Stadt. Die Vorwürfe sind völlig an den Haaren herbeigezogen." Seine Gegenfrage: "Kann es nicht eher sein, dass es sich der eine oder andere Museumsverantwortliche mit den Gründen, des Besucherrückgangs ein bisschen zu einfach macht und von hausgemachten oder konzeptionellen Problemen ablenken will?"

Derweil können die Besucher der BallinStadt noch vom Goldrausch träumen. Die Aufforderung im Museumsprospekt: "Tresor knacken und gewinnen." Im richtigen Leben ist das nicht so einfach . . .