Nathan Pedreira (19) rappt über das Leben auf St. Pauli. Seinem Bruder Oswald (28) gehört ein Musiklabel. Tapetenwechsel traf sie im Studio.

Er nennt sich Nate57 und rappt über die Jugend auf St. Pauli, wo 2008 mehr als 16 000 Straftaten begangen wurden. Viele Täter sind unter 21. Tapetenwechsel sprach mit Nathan Pedreira (19) und seinem Bruder Oswald "Blacky White" Achampong (28, Chef des Labels Rattos Locos) in einem Studio im Karoviertel über Kriminalität, Chancen und Musik.

Tapetenwechsel:

Wie ist das Leben für junge Menschen auf St. Pauli?

Nate57:

Es ist ein verrücktes Leben. Man hat es mit so vielen verschiedenen Menschen zu tun, mit allen Nationalitäten. Hat man Perspektiven? Ja, in Deutschland kann man vieles schaffen, von ganz unten nach oben - das geht schon. Bloß kenne ich niemanden aus meinem Umfeld, der das wirklich geschafft hat. Der Weg ist hart, viele stürzen ab, landen wegen Drogendelikten oder Gewalt im Knast. Gerade in Hamburg ist es schwierig, weil ganz Arme und sehr Reiche so dicht beieinanderleben. Da kommen manche Kids auf dumme Gedanken, um Geld zu machen ...

Oswald:

Der Reichtum ist wie ein Lolli, der dir dein Leben lang vorgehalten wird.

Tapetenwechsel:

Wie vertreibt ihr euch die Zeit, was macht ihr den ganzen Tag?

Nate57:

Die wenigsten meiner Freunde gehen noch zur Schule. Man schlägt also viel Zeit tot, macht Unsinn, hängt rum. Viele sind arbeitslos. Und, ja klar, Kriminalität ist hier leider ein großes Thema.

Tapetenwechsel:

Nate, du selbst hast für verschiedene Delikte Bewährung bekommen. War die Strafe sinnvoll?

Nate57:

Ich glaube, man muss den Jungs in meinem Alter eher helfen, statt sie zu bestrafen. Alles andere provoziert nur Trotz.

Oswald:

Statt sie ins Gefängnis zu stecken, sollte man den Kids noch stärker Perspektiven aufzeigen. Nur repressiv gegen diese Jugendlichen vorzugehen, das bringt langfristig wenig.

Nate57:

Genau. Es muss mehr Geld investiert werden in Jugendeinrichtungen. Und in Studios. Die Jugendlichen brauchen Möglichkeiten, um Musik zu machen.

Tapetenwechsel:

Du rappst seit vier Jahren. In deinem Song "Blaulicht" schilderst du die Probleme von Jugendlichen mit der Polizei ("Du hast keinen Vater, der dir alles ausgibt/ was ist deine Aussicht?/ Blaulicht!") Worauf kommt es dir bei deiner Musik an?

Nate57:

Respekt, Loyalität, Eier haben und Ehrlichkeit! Bei manchen Deutschrappern denke ich: Digger, stell keine Sachen als geil da, von denen du keine Ahnung hast. Unsere Musik ist authentisch, wir übertreiben nicht. Ich zeige die guten und die schlechten Seiten meines Lebens. So, wie sie eben sind.

Tapetenwechsel:

Du bist Rapper und willst das auch beruflich machen. Aber wenn du Lehrer wärst, was würdest du deinen Schülern sagen?

Nate57:

Lebt euch aus, findet eure Bestimmung. Hier in Deutschland hat man gute Bildungschancen. Informiert euch aber auch außerhalb der Schule, fragt und hinterfragt! Lasst die Finger von harten Drogen. Und kauft mein Album, das kommt Anfang 2010. (lacht)