Am Holstenwall kamen Besucher mit dem Schrecken davon. Auch im Museum für Völkerkunde waren Rettungswege versperrt.

Hamburg. Alarmsirenen schrillen, Besucher werfen sich bange Blicke zu, viele haben Kinder dabei. Ist im Hamburgmuseum (vormals Museum für Hamburgische Geschichte) ein Feuer ausgebrochen? Das Personal reagiert zuerst gar nicht, dann orientierungslos. Ein Mitarbeiter vermutet hinter den Warntönen einen Diebstahl. Nach lauten Protesten leitet er die Gäste dann doch in Richtung Notausgang. Die Tür ist aber verriegelt - und es geht wieder zurück. Fehlalarm.

Bei diesem Zwischenfall am vorigen Freitag kamen die Besucher mit dem Schrecken davon. Was aber hätte in einem Notfall alles geschehen können? Von einem professionellen Verhalten der Mitarbeiter oder einem einstudierten Sicherheitsplan war nichts zu bemerken, berichten Augenzeugen. Ganz im Gegenteil. "Es stellt sich die Frage, zu welchen Konsequenzen die Unkenntnis des Personals geführt hätte, wenn tatsächlich ein Feuer ausgebrochen wäre", sagt Uwe Schlender (48) nach einem Besuch der Modelleisenbahn des Museums. Der Informatiker aus Kaltenkirchen hatte die Schau mit Ehefrau Carola und Sohn Felix (9) besucht.

Als der Feueralarm losging, hätten Museumsmitarbeiter den Grund dafür nicht erkannt. Erst nach dem Hinweis einer Besucherin sei die Bahnvorführung abgebrochen und eine Evakuierung eingeleitet worden.

"Als wir eine Angestellte auf den versperrten Notausgang hinwiesen, ernteten wir Desinteresse", klagt Uwe Schlender. Sie habe nur gesagt: "Wenden Sie sich doch an den Geschäftsführer." Nicht nur Familie Schlender, sondern auch andere Gäste registrierten die Reaktionen des Personals mit Unverständnis und Sorge. "Nicht auszudenken", sagt Schlender, "wenn es wirklich gebrannt hätte."

Museumssprecherin Cerstin Wille bestätigt den Feueralarm. "Das war glücklicherweise nur ein Fehlalarm", sagt sie und fügt hinzu: "Im Raum der Modelleisenbahn wurden die Besucher wohl etwas barsch zum Notausgang geleitet. Dort hat es an dem Tag einen kurzfristigen Personalwechsel gegeben." Nun sollen die betroffenen Mitarbeiter nachgeschult werden, versichert das Museum. Dass die Notausgangstür verschlossen war, konnte die Sprecherin allerdings nicht bestätigen. "Klar ist, alle Türen müssen leicht zu öffnen sein", sagt Wille. Sie wollte aber nicht ausschließen, "dass durch menschliches Versagen auch mal eine Tür zu ist". Obwohl das "natürlich" nie passieren dürfe. Der Fall wirft die Frage auf, wie es um die Sicherheit der Besucher in Hamburgs Museen steht. Die Feuerwehr Hamburg kontrolliert sie alle fünf Jahre auf ihre Vorkehrungen zum Brandschutz. Allerdings finden die sogenannten Brandverhütungsschauen nur nach Anmeldung statt. Sollten Mängel festgestellt werden, müssen diese von den Museen innerhalb einer Frist behoben werden.

Unangemeldete Kontrollen gibt es nur, wenn die Feuerwehr Hinweise auf Mängel erhält. Feuerwehr-Sprecher André Braker betont, wie wichtig die Einhaltung der Vorschriften ist: "Es müssen einfach alle Rettungswege frei und offen gehalten werden, damit im Ernstfall alle Leute unbeschädigt das Haus verlassen können." Das Abendblatt hat deshalb sieben Hamburger Museen und ihre Notausgänge unangemeldet überprüft.

- Hamburgmuseum (Museum für Hamburgische Geschichte): Auffällige Schilder sind an den Wänden angebracht. Der wichtigste Fluchtweg durch den Haupteingang ist gut beschildert. Auch alle anderen Türen lassen sich - zumindest während des Abendblatt-Tests - wieder öffnen.

- Museum für Völkerkunde: In dem Haus an der Rothenbaumchaussee sind an den Wänden Hinweisschilder angebracht, über den Durchgangstüren sind sie beleuchtet. Im Erdgeschoss führt eine Fluchttür durch die Bibliothek und über eine Treppe in den Innenhof. Im ersten Stockwerk sind zwei Fluchttüren nur angelehnt, und beim Passieren erscheint plötzlich eine Mitarbeiterin: "Hier geht's nicht weiter!" Der Raum dahinter ist mit Kästen und Kartons zugestellt. Ungehindertes Passieren wäre unmöglich gewesen. Thomas Krause, Sicherheitsbeauftragter des Museums sagt: "Normalerweise sind alle Fluchtwege frei, dafür sorgen wir ausdrücklich. In dem Einzelfall gab es einen Umzug, sodass Kästen und Kartons kurzzeitig am falschen Platz standen. Der Raum ist wieder frei."

- Kunsthalle: Die weitläufigen Räume am Glockengießerwall sind gut beschildert. An den Wänden und über den Türen leuchten grüne Schilder. Das Ambiente ist großzügig. Kaum vorstellbar, dass hier eine Panik ausbricht. Die Fluchttüren lassen sich leicht öffnen. Hinter die alarmgesicherten Türen dürfen wir mit Hilfe einer freundlichen Mitarbeiterin schauen. Wir finden freie Flure und einen direkten Weg nach draußen.

- Deichtorhallen: Der riesige Ausstellungsraum bietet viel Platz und verhindert im Notfall Panik. Hinweisschilder führen zu den großen Ausgängen, die teilweise alarmgesichert sind und die wir mit Erlaubnis des Museums öffnen durften. Dahinter ein kurze Flur und eine leicht zu öffnende Tür nach draußen.

- Altonaer Museum: Auch hier ist alles gut ausgeschildert. Derzeit ist das Gebäude eine Baustelle; grundsätzlich gibt es aber große Gänge, Treppen und Portale als Fluchtwege.

- Museum für Kunst und Gewerbe: Trotz einer Baustelle auf der ZOB-Seite fühlen sich die befragten Besucher in dem Museum sicher. Der Weg in den Innenhof und weiter vor das Gebäude ist klar ersichtlich. Die Tore selbst sind verschlossen, lassen sich jedoch mittels Riegel rasch öffnen. Im Obergeschoss weisen Schilder den Weg zu einer feuerfesten (Stahl-)Tür.

- Miniaturwunderland: Trotz der Enge in dem historischen Haus in der Speicherstadt fällt schnell auf, dass die Betreiber es mit den Sicherheitsvorkehrungen sehr ernst nehmen. Viele Hinweisschilder weisen zu den Notausgängen. Sie lassen sich alle leicht öffnen, die Gänge sind frei und führen auf schnellem Weg nach draußen. An vielen Türen hängen große grüne Kästen. Geschäftsführer Frederik Braun: "Das ist eine Erfindung von uns." In diesen Kästen befinden sich Sicherheitswesten, ein Megafon, ein Funkgerät, Werkzeug und ein Schalter. Den legen die Mitarbeiter im Ernstfall um, wenn sie den Ausgang untersucht haben. Rot heißt unpassierbar, grün passierbar. "So können wir innerhalb von Sekunden sehen, wie wir die Menschen am schnellsten in Sicherheit bringen können."