Vernünftig aufklären

"Im Netz der Freunde", Hamburger Abendblatt, 20. Oktober

Dank der Gnade der frühen Geburt durchlebte ich meine Schulzeit noch ohne Fernsehen und Telefon zu Hause. Meine Datenautobahn war das Straßennetz, auf dem ich das, was ich zu sagen hatte, persönlich, zu Fuß oder auf dem Rad zu meinen Freunden transportierte. Die gleiche Gnade ermöglichte es mir, ab Ende der 70er-Jahre beruflich die Verbreitung von Workstations, Servern und deren Vernetzung mit voranzutreiben. Schon zu Zeiten des "Gilb", der BTX-Kommunikation und Akustikkoppler hat der sehr bewunderte Chaos Computer Club eindrucksvoll gezeigt, dass es keine Sicherheit in Datennetzen gibt. Fachwissen dazu wurde am Vobis-Verkaufstresen diskutiert. Wer heute mehr als seine Telefonnummer öffentlich bekannt gibt, weiß entweder nicht, was er tut, hat nichts dazugelernt oder kann es nicht besser. Bevor wir unsere Kinder auf das Internet hetzen, sollten sie erst einmal vernünftig über die Gefahren aufgeklärt werden. Sprüche wie: "Nur wen Google kennt, der ist" oder "Broadcast yourself" erziehen zum Daten-Exhibitionismus mit eben diesen Folgen. "Je mehr sie über dich wissen, desto weniger existierst du." Hierüber aufzuklären wird in Zukunft wichtiger sein als Sexualkundeunterricht. Das Internet ist unschuldig, kann nichts dafür und muss offen bleiben für jedermann. Datenschützer und Politiker buddeln schon tief auf der falschen Straßenseite und haben kaum mehr Sicht über den Rand. "Alles ist eins - außer der Null." (Wau Holland). Vielleicht hilft ihnen ein Praktikum bei seiner Stiftung.

Wolfgang Weiß, per E-Mail

Verlust der Seele

"Doch Abriss? Zukunft des Gängeviertels ist wieder völlig offen", Hamburger Abendblatt, 21. Oktober Durch den Zweiten Weltkrieg hat Hamburg schon genug an seiner wunderschönen und einzigartigen Bausubstanz verloren. Mir ist es unverständlich, warum nicht alles darangesetzt wird, historisch wertvolle und attraktive Bauwerke zu erhalten bzw. vor dem Verfall zu retten. Mit jedem weiteren Wegbruch verliert Hamburg ein Stück seiner Seele, mit jedem weiteren modernen Stahl-Glas-Bau verkommt das Stadtbild zu einer austauschbaren uniformen Großstadtkulisse. Bei Prestigeobjekten, wie zum Beispiel der Elbphilharmonie, werden Kostenexplosionen von Hunderten Millionen Euro hingenommen - warum gibt es kein Geld, um ein historisch einmaliges Quartier zu retten? Bei der Diskussion um die Besetzung des Gängeviertels sollte man auch unterscheiden zwischen Rettung der Architektur und Schaffung kreativ-kultureller Arbeitsflächen. In meinen Augen werden die Belange der Künstler zu stark in der Diskussion in den Vordergrund gestellt - in erster Linie sollte es aber um den Erhalt der Häuser gehen, egal mit welcher späteren Nutzung. Ich frage mich, ob die Besetzter zufrieden wären, wenn Erhalt und Restaurierung zugesichert würde, mit dem Ziel allerdings, hochwertige Eigentumswohnungen, Geschäfte und Werbeagenturen anzusiedeln.

Philip Böttcher, per E-Mail

Gestreckter Galopp

"Seit 34 Jahren erstmals wieder Polizeipferde in Hamburg", Hamburger Abendblatt, 19. Oktober

Ein wunderbares Bild, aber eine teure Schnapsidee von Herrn Senator Ahlhaus. Ich stelle mir vor, wie die Pferde von ihrer Unterkunft in Poppenbüttel in die Schanze im gestreckten Galopp durch die Stadt reiten, um dort eingesetzt zu werden. Spaß beiseite: In Hamburg wieder eine Reiterstaffel einzusetzen ist viel zu teuer. Sie soll 400 000 Euro kosten im Jahr. Ich glaube nicht, dass das reicht. Für dieses Geld könnte man zehn Beamte mehr einstellen, die auf der Straße bessere Arbeit leisten könnten. Nein, Herr Ahlhaus, vergessen Sie diesen Aprilscherz.

Karen Pachale-Heering, per E-Mail

Schattig

"Steuern senken: CDU-Ministern wird 'angst und bange'", Hamburger Abendblatt, 21. Oktober

Teile mit, dass ich mir jetzt auch einen Schattenhaushalt zugelegt habe. Da wird ein Gutteil meiner Ausgaben jetzt draufgebucht, und mein eigentlicher Haushalt sieht fabelhaft aus. Wenn ich es nicht schaffen sollte, meinen Schattenhaushalt in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten abzubauen, wozu hat man Erben?

Irene Köster, per E-Mail

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