In Wandsbek fand am Wochenende der Kidocup statt. 270 Denksportler suchten nach der besten Taktik, ihren Gegner zu bezwingen.

Hamburg. Mit einem Schlag ist es still im Raum, und dann ist ein dutzendfaches Klacken zu hören. Danach das sanfte Prasseln, das entsteht, wenn sich Spielfiguren, die aussehen wie Tabletten, berühren. Die Menschen, die hier sitzen, in diesem hellen schlichten Raum, greifen dann und wann in ihr Behältnis mit den schwarzen und weißen Steinen. Gesprochen wird nicht. Sie spielen Go, ein Brettspiel, das ursprünglich aus Asien stammt und auch in Hamburg Anhänger hat. Und zwar so viele, dass am Wochenende zu dem Turnier, das im neuen Wandsbeker Bürgerhaus stattfand, 270 Spieler kamen. Längst nicht alle waren aus Hamburg, manche reisten aus Frankreich an, manche aus Tschechien. Insgesamt setzten sich Teilnehmer aus elf Nationen an die Tische, um sich in dem jahrtausendealten Denkspiel miteinander zu messen. Es war das zweitgrößte Go-Turnier, das je in Deutschland stattfand. Sogar mit Preisgeld: Der "Kidocup", wie die Organisatoren aus dem Hamburger Go-Club die Veranstaltung tauften, wurde von einem südkoreanischen Unternehmen gesponsert - auf Vermittlung der in Hamburg lebenden Profispielerin Yoon Young-Sun.

Professionell Go spielen, das macht keiner der Denksportler in Wandsbek. Das geht auch nur in Asien, wo Go so populär ist, dass Turniere im Fernsehen übertragen werden. Die europäischen Brettspieler sind ehrgeizige Feierabend-Strategen, die sich den taktischen Aufgaben auf dem von einem Gitternetz überzogenen Spielfeld gerne stellen. "Go ist eine intellektuelle Herausforderung", sagt Benjamin Teuber (26). Der gebürtige Bremer ist Deutscher Vizemeister und kämpft an diesem Wochenende in der Konkurrenz der 16 Topspieler. Wobei "Kämpfen" durchaus der richtige Ausdruck ist. Denn das nach nur oberflächlich betrachtet einfachen Regeln funktionierende Spiel ist eine Art Krieg, in dem zwei Armeen versuchen, sich gegenseitig zu eliminieren. Die schwarzen und weißen Steine werden von den Spielern abwechselnd auf das Feld gelegt. Gegnerische Steine können durch Umzingeln gefangen und dann vom Brett entfernt werden. Wer am Ende das größere Territorium umzäunt, hat gewonnen.

Aber nur die richtige Strategie siegt - und die setzt sich aus komplexen Zügen zusammen. Ein Spiel unter Amateuren kann bis zu vier Stunden dauern. Teuber, Informatikstudent, spielt gerade seine zweite Partie heute. Bis aufs Äußerste konzentriert starrt er beinahe regungslos auf das Brett. Das kann minutenlang so gehen. "Man nimmt um sich herum nichts wahr", erklärt Teuber. Er spielt seit 14 Jahren Go.

Es sind verschiedene Schwarz-Weiß-Muster, die auf den Brettern zu sehen sind. Die Anordnung der Steine variiert von Brett zu Brett, für die Spieler ist das ein ästhetisches Vergnügen. "Go ist nicht nur ein interessantes, es ist auch ein schönes Spiel", sagt Steffi Hebsacker aus dem Organisationsteam des Hamburger Go-Turniers. Teuber findet, ein Go-Spiel ist wie Musik, "und wie Go-Spieler agieren, das hat immer etwas Elegantes". Anstrengend ist es aber auch: Nach einem Turniertag mit mehreren Spielen ist Teuber erschöpft. Genug bekommen kann er nicht: Im November fliegt er nach Japan. Um Go zu spielen.