Der Fall

In der Wohnung der Familie von Anne F. hängen Dutzende Fotos an den Wänden. Es sind keine Schnappschüsse aus dem Urlaub. Sie zeigen keine fröhlichen Gesichter. Die Bilder zeigen dunkle Flecken, jene Stellen, an denen es in den einzelnen Zimmern schon mal Schimmel gab - es sind erschütternde Dokumente für ein Leben mit dem Schimmel: Seit 2005 wohnt Anne F. (39) mit ihrem Mann (39) und ihrer Tochter (5) in einer Vierzimmerwohnung, in der Langelohstraße (Osdorf), an der Grenze zu Nienstedten. "Bei der Besichtigung war die Wohnung möbliert. Als wir einzogen, bemerkten wir gleich den Schimmel", sagt die Grafikerin. Sie sagt auch: "Es war ein Schock. Wir sind in großer Sorge, auch um die Gesundheit unserer Tochter."

Es begann ein Dauerzwist mit dem Vermieter, der Saga GWG. Immer wieder wurde zwar die Wohnungsgesellschaft tätig, um den Schimmel zu beseitigen, doch immer wieder kroch der Pilz erneut durch die Wände - bis heute. "Das ist Psychoterror, eine unglaubliche Belastung", sagt Anne F.

Die Recherche

Das Wohngefühl der Familie muss über Jahre arg getrübt gewesen sein, glaubt man dem Protokoll, das sie führt: April 2005, "Flecken an mehreren Außenwänden und Schimmelbildung im Bad", ist dort dokumentiert. Und: "Im Dezember 2005 Schimmel auch im Ess- und Arbeitszimmer." Im März 2006 heißt es im Protokoll: "Im Bad bildet sich immer wieder Schimmel." Januar 2007: "Schimmelbildung im Kinderzimmer." Im Februar 2008 notiert Anne F.: "Schimmelbildung verstärkt sich in unzumutbarem Maße, Schlafzimmer nicht mehr nutzbar."

Anruf bei der Saga, dort ist der Name von Anne F. nicht unbekannt. "Er füllt unsere Aktenordner", seufzt Carl Mario Spitzmüller, Leiter der Unternehmenskommunikation bei der Saga.

Die Saga bestreitet nicht, dass es in der Wohnung immer mal Schimmel gab. Sie betont aber, sie habe viel unternommen, um die Misere zu mindern: "Immer wieder wurde Schimmel beseitigt, wir haben Lüftungen an Fenstern eingebaut, eine neue Heiztherme, 30 Reparaturmängel seit 2005 beseitigt", zählt Spitzmüller auf. Wer trägt nun die Schuld am Schimmel? Saga-Sprecher Spitzmüller: "Der Schimmel wird allein durch Heiz- und Lüftungsverhalten der Familie verursacht, es wird dort zu wenig geheizt und zu wenig gelüftet. Deswegen kühlen die Wände aus, so entstehen feuchte Stellen und Schimmel."

Anne F. weist dies empört zurück: "Das ist völliger Unsinn." Sie fordert, dass Schimmel rückhaltlos entfernt wird, jegliche befallene Bausubstanz: "Die Saga handelt bisher nur halbherzig. Der Schimmel muss aber ganz aus den Wänden entfernt werden. Außerdem muss die Ursache bekämpft werden, indem man zu kalte Außenwände wärmeisoliert."

Nun streiten sich die Gutachter, ob und in welcher Form Schimmel aktuell vorliegt. Gutachter, die von der Saga beauftragt wurden, verneinen dies zum Teil. Ein Sachverständiger, den die Familie F. beauftragte, stellte hingegen noch Schimmel in einigen Bereichen des Schlafzimmers fest, im Wohnzimmer sieht man noch dunkle Flecken - Reste von Schimmelschlieren.

Das Ergebnis

Die Lage hat sich zwischen der Familie und der Saga zugespitzt: "Wir haben die Miete wegen der Mängel seit 2007 gemindert", sagt Anne F. Nun hat die Saga die Mieter F. verklagt und fordert mehrere Tausend Euro der einbehaltenen Miete nachträglich. Ein Prozesstermin vor dem Amtsgericht Blankenese steht noch aus. Verhärtete Fronten, aber: Die Recherchen zeigen Wirkung. Nachdem der Leser-Botschafter nachgehakt hat, die Argumente noch mal ausgetauscht wurden, wollen die Streithähne sich jetzt erneut treffen - zu einem gemeinsamen Gespräch. Ende gut, alles gut? Zumindest ein winziger Hoffnungsschimmer im Schimmel-Fall.

Leser-Botschafter Ralf Nehmzow befasst sich jeden Donnerstag mit neuen Fällen.

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Leser-Botschafter Ralf Nehmzow, Chefredaktion Hamburger Abendblatt, Axel-Springer-Platz 1, 20350 Hamburg, E-Mail: Leserbotschafter@Abendblatt.de