Historische Segel- und Dampfschiffe werden oft behandelt wie moderne Passagierschiffe - doch das ist technisch kaum zu erfüllen.

Hamburg. Zum Feiern ist er eigentlich gekommen: 100 Jahre wird der Hamburger Zweimaster "Fortuna" in diesen Tagen alt und hat für dieses Jubiläum im neuen Traditionsschiffhafen in der HafenCity festgemacht. Eine schwarze Flagge mit weißem Fragezeichen weht im Top des klassischen Plattbodenseglers. Skipper Carsten Deinert (42) hat sie gesetzt - aus Protest: "Die Zukunft von Traditionsschiffen ist fraglich geworden, weil die Vorschriften immer strenger ausgelegt werden", sagt er. Die "Fortuna" gehört zur sogenannten Blackflag-Bewegung in der Szene. Viele historische Schiffe auf Nord- und Ostsee tragen derzeit diese Flagge. Vergangene Woche trafen sich etliche im dänischen Marstal zu einer Art Demo.

Hintergrund ist eine offenbar verschärfte Auslegung von internationalen Sicherheitsvorschriften an Nord- und Ostsee. Verbandsvertreter warnen in einem Schreiben an das deutsche Verkehrsministerium bereits davor, dass künftig bei maritimen Großveranstaltungen wie Kieler Woche oder Hafengeburtstag kaum noch Traditionsschiffe zu Gast sein könnten. Tatsächlich sollten bereits für den Hamburger Hafengeburtstag im Mai einige niederländische Schiffe nicht zugelassen werden. Erst nach Protesten gab es eine Sondergenehmigung.

Historische Segel- oder auch Dampfschiffe, die meist durch einen gemeinnützigen Verein betrieben werden, finanzieren sich in der Regel, indem sie zahlende Gäste auf ihren Reisen mitnehmen. Das Problem: Sie können wegen ihrer Bauart heutige Anforderungen an Passagierschiffe nicht erfüllen. Sobald sie aber mehr als zwölf Gäste an Bord haben, müssten sie das. "Man kann einen handbetriebenen Waschzuber von 1910 auch nicht mit der Miele von 2009 vergleichen - obwohl beide sicher waschen", sagt Skipper Deinert.

Die europäischen Länder haben daher jeweils eigene Ausnahmeregeln für historische Schiffe erlassen, die bisher gegenseitig weitgehend anerkannt wurden. Doch die Auslegung, was Traditionsschiff mit Ausnahmegenehmigung ist und was nicht, ist schwammig und wird nach Darstellung der Blackflag-Schiffe vor allem von Deutschland und Dänemark immer schärfer ausgelegt. Folge: Mit Gästen ausländische Häfen anzulaufen, werde daher immer schwieriger. "In dänische Häfen dürften wir legal eigentlich nicht mehr rein", so Deinert. Doch gerade die dänische Südsee, ein inselreiches Gewässer in der westlichen Ostsee, ist für Traditionsschiffe ein beliebtes und im Gegensatz zur deutschen Küste vor allem sicheres Revier

Betroffen sind nach Auskunft des deutschen Traditionsschiff-Dachverbands GSHW (Gemeinsame Kommission für historische Wasserfahrzeuge) etwa 60 deutsche Schiffe. GSHW-Vorsitzender Christoper Papperitz: "Wir brauchen von der Politik jetzt ein Bekenntnis, ob sie Traditionsschiffe wollen oder nicht" Und wenn ja, müsste es zumindest für Ost- und Nordsee länderübergreifende Regeln geben.