Nach den ersten Plädoyers der Verteidigung beantragen die Anwälte für zwei Angeklagte sechs und sieben Jahre Haft.

Hamburg. Freunde des getöteten Schülers Kirk M. (gest. 17) sind empört. Und sie sind wütend. Auf Klaus Hüser. Er ist Verteidiger eines jener drei Täter, die sich seit fast einem Jahr vor Gericht für den Tod von Kirk M. verantworten müssen. Gerade wirft Hüser in seinem Plädoyer die Frage auf, ob Kirk M. die drei Täter vor ihrer Tat "provoziert" habe. "Unglücklich agiert" habe Kirk, indem er sich strikt weigerte, seine Drogenschulden zu bezahlen. Dadurch hätte er die Täter wie "dumm dastehen lassen". Dass die Situation dramatisch eskalieren könne, sei gewissermaßen "vorhersehbar" gewesen.

Es sind Worte, die auch die Nebenklägerin, Kirks Mutter, hart treffen. "Meine Mandantin ist erschüttert", sagt ihr Vertreter Jürgen Walczak. "Als ob Kirk mit so einer Reaktion rechnen konnte."

Dass die Verteidiger von zwei der drei Angeklagten in ihren Plädoyers deutlich mildere Strafen als die Nebenklage und die Staatsanwaltschaft fordern würden, war indes zu erwarten. Für Gzim L. (23) beantragte sein Anwalt Matthias Domsch gestern sieben Jahre, Klaus Hüser für Labinot B. (22) sechs Jahre Haft. Beide Verteidiger betonten: Ihre Mandanten hätten den Tod von Kirk M. nicht gewollt.

Gzim L., Labinot B. und Yakup M. (22) hatten Kirk M. am 15. April 2008 in der Wohnung von Gzim L. nach einem Streit um Drogenschulden zunächst schwer misshandelt. Gzim L. stopfte dem 17-Jährigen eine Zwiebel in den Mund, Labinot B. strangulierte ihn gleichzeitig mit einer Hunde-Spielleine - der junge Schüler erstickte qualvoll. Anschließend verbrannte das Trio seine Leiche auf einer Müllkippe.

Mehr noch als für die anderen steht für Gzim L. auf dem Spiel: Er ist der einzige Angeklagte, der nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt wird. "Kein Motiv, bedingter Vorsatz, umfängliches Geständnis" - auf diesen Punkten baute die Verteidigung von Gzim L. ihr Plädoyer auf. "Er war der einzige Täter, der kein Motiv hatte, schließlich hatte Kirk keine Drogenschulden bei ihm", sagte sein Anwalt. Gzim L. habe nur eine Nebenrolle gespielt, er sei quasi in die Tat "hineingerutscht". Als die anderen auf den Jungen einprügelten, habe er versucht zu schlichten - ohne Erfolg. Gleichwohl habe er Kirk M. die Zwiebel zweimal in den Mund gestopft und dadurch seinen Tod billigend in Kauf genommen.

Gzim L. hatte im Februar eine Absprache ("Deal") mit der Kammer getroffen. Im Gegenzug für ein Geständnis hatte das Gericht ihm eine Strafobergrenze von zehn Jahren in Aussicht gestellt. Sein Verteidiger pochte gestern darauf, den "Deal" einzuhalten: Anders als von Staatsanwaltschaft und Nebenklage unterstellt, sei Gzims Geständnis umfänglich und habe maßgeblich zur Tataufklärung beigetragen.

Auch Labinot B. hatte die Tat eingeräumt. Er habe den Tod von Kirk "nicht gewollt", sagte sein Verteidiger. Dass er durch das Drosseln mit dem Spanngurt Kirk M. umbringen könnte, habe Labinot B. in der aufgeheizten Situation "nicht realistisch registriert". Anklage und Nebenklage wiederum gehen davon aus, dass er den Tod von Kirk leichtfertig einkalkuliert habe. Hüser: "Wollte er würgen - ja! - wollte er Kirks Tod - nein!" Es sei darum gegangen, die Drogenschulden einzutreiben. "Die Lektion war das Ziel, nicht der Tod." Eine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge und eine Haftstrafe von sechs Jahren halte er für ausreichend. Zudem habe sein Mandant die Tat aufrichtig bereut.

Die Nebenklage hatte zuvor beantragt, die Angeklagten wegen gemeinschaftlichen Mordes zu verurteilen. Die Staatsanwaltschaft sprach von einem "mitleidlosen, brutalen Verbrechen" und forderte Haftstrafen zwischen neun und zwölfeinhalb Jahren. Die Verteidigung von Yakup M. wird am 5. Oktober plädieren. Das Urteil fällt am 7. Oktober.