Sommer 1999, kurz vor der Jahrtausendwende: “Malen Sie uns einen kleinen Engel mit segnenden Händen“, bat ich den Künstler Christoph Fischbach aus dem Kloster Maria Laach: “Er soll in Bronze gegossen werden und gut in der Hand liegen.“
Und Fischbach begann zu malen. Sein erster Entwurf fiel zu niedlich aus, ein Knabe mit lockigem Haar. "Bitte noch schlichter und klarer" schrieb ich zurück, und Fischbach entwarf einen Engel von fast barlachscher Strenge.
September 2009: Dieser Tage liefert unser Verein "Andere Zeiten" seinen millionensten Bronzeengel aus. Einen segnenden Engel für eine Million Menschen in ebenso vielen persönlichen Situationen: Man trifft ihn in Kinderzimmern und bei Soldaten in Afghanistan, in Hospizen oder bei Abiturfeiern. Dabei ist dieser ökumenische "Hamburger Engel" nur eine von unzähligen geflügelten Figuren aus Bronze, Plüsch oder Holz, zum Aufhängen oder zum Knuddeln.
Warum fahren gerade moderne Menschen so auf Engel ab, was ist das Geheimnis der unsichtbaren himmlischen Boten? Offenbar wohnen in der Tiefe unserer Seele uralte Bilder von tröstender Nähe und eine große Sehnsucht nach Geborgenheit. Sie werden angerührt, wenn wir von Engeln hören oder ihren unzulänglichen Abbildungen begegnen. Handfest bewirken können die Figuren aus Menschenhand ebenso wenig, wie uns ein Stück Bronze oder Holz Glück bringen oder beschützen kann. Es sind nur Symbole, die immer über sich selbst hinausweisen. Sie können uns aber in Lebenskrisen an den Gott erinnern, der seinen Engeln befohlen hat, dass sie uns behüten auf allen unseren Wegen. Und das ist viel.
Wenn Gott seine leisen Boten mit sanftem Flügelschlag in das Toben der Welt schickt, dann müssen es keine Wesen mit Flügeln sein. Manchmal sind es auch Engel in Menschengestalt, Nachbarn oder Fremde, die einem handfest und tröstend zur Seite stehen, wie es Phil Bosmans in einem Gedicht beschreibt:
Ein Engel ist jemand, den Gott dir ins Leben schickt, unerwartet und unverdient, damit er, wenn es ganz dunkel ist, ein paar Sterne anzündet.