Viele Hamburger haben Großes geleistet. Eine Auswahl von 60 Prominenten, die die Bundesrepublik in den vergangenen 60 Jahren nachhaltig politisch, wirtschaftlich, kulturell oder sportlich geprägt haben, steht deshalb in sechs Kategorien zur Abstimmung. Täglich stellt das Abendblatt eine andere Kategorie vor. Wer ist Ihr Favorit? Geben Sie im Internet Ihre Stimme ab. Und auch Sie können ein Gewinner sein ...

1. Max Brauer

Eine Allee ist nach ihm benannt, eine Schule und das Büro der Altonaer SPD: Sozialdemokrat Max Brauer, von 1946 bis 1953 und von 1957 bis 1960 Hamburgs Erster Bürgermeister, wird in der Stadt nach wie vor verehrt. Vor allem, weil sein Name untrennbar mit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg verbunden ist. Der Glasbläserlehrling Max Brauer, der am 3. September 1887 in Altona geboren wurde, kam als 16-Jähriger in die sozialistische Bewegung. Von 1924 bis 1933 war er Oberbürgermeister von Altona, bis er von den Nazis in Schutzhaft genommen wurde. Nach seiner Freilassung entkam er nach Österreich. 1936 zog er in die USA, wo er an der Columbia University in New York Volkswissenschaften lehrte. 1946 kehrte er in seine Heimatstadt zurück, wo er bis 1965 politisch engagiert war. Am 2. Februar 1973 verstarb Brauer, Ehrenbürger von Hamburg, Ehrendoktor und Ehrensenator der Universität Hamburg.

2. Albert Darboven

Sein Gesicht gehört zu den bekanntesten in Deutschland: Als Kaffee trinkender Hanseat ist Albert Darboven (73) immer wieder in Fernsehspots zu sehen. Der Unternehmer ist dabei in eigener Sache unterwegs: Darboven führt den 1826 gegründeten Hamburger Kaffeeröster J.J. Darboven (Idee-Kaffee). Zur Unternehmensgruppe gehören elf Tochterfirmen in sechs Ländern mit insgesamt 1100 Mitarbeitern. Geschäfte werden von dem Kaufmann manchmal noch per Handschlag gemacht. Im Gegensatz zu anderen Kaffeeherstellern hat es Darboven erreicht, dass das Familienunternehmen auch in vierter Generation noch selbstständig wirtschaftet - obwohl es durchaus Kaufangebote gab. Privat ist Darboven ein Pferdeliebhaber mit eigenem Gestüt. Gemeinsam mit seiner Frau Edda unterstützt er zudem zahlreiche soziale und kulturelle Projekte.

3. Max Herz

Der frühe Tod kam in seiner Villa in Hamburgs Prachtstraße Bellevue: Im Mai 1965 erlag der Hamburger Unternehmer Max Herz im Alter von nur 59 Jahren vor den Augen seiner Ehefrau Ingeburg einem Herzinfarkt. Mit dem Tchibo-Inhaber ging einer jener Gründerväter, dem das nach dem Krieg wieder aufstrebende Deutschland seinen Wirtschaftsaufschwung zu verdanken hatte. Und ein Mann, der seine Arbeit mochte. Herz verkostete jeden Tag seine Kaffeesorten. Im Foyer der Zentrale des Hamburger Kaffeerösters in der City Nord erinnert noch heute ein Gemälde an den bedeutenden Hamburger Unternehmer und Pferdeliebhaber. Das Unternehmen befindet sich noch im Besitz des größten Teils der Familie. Der Konzern, zu dem seit einigen Jahren auch der Nivea-Hersteller Beiersdorf gehört, setzte im vergangenen Jahr 9,194 Milliarden Euro um. Weltweit 33 978 Mitarbeiter sind für die Firma tätig.

4. Carl Hagenbeck

"Der Name Hagenbeck hat eine suggestive Wirkung", bei der man sofort "große Gruppen von Eisbären, Tiger, Löwen, Elefanten und allerlei fremdfarbige Völkerschauen vor seinem geistigen Auge" sieht. So fasste ein Hamburger Senator 1912 die Persönlichkeit zusammen, die heute noch weit über Hamburgs, ja über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt ist: Carl Hagenbeck. Am 10. Juni 1844 auf St. Pauli als Sohn eines Fischhändlers geboren, stieg er als 15-Jähriger in das Tierhandelsgeschäft ein. 1863 schuf er Hagenbecks "Handlungs-Menagerie" auf dem Spielbudenplatz. Ob die damals revolutionären Völkerschauen (ab 1874), sein eigener Zirkus (ab 1887) oder schließlich die Eröffnung des Tierparks in Stellingen im Mai 1907 mit seinen patentierten, gitterlosen Panoramen: Carl Hagenbeck war ein Visionär und Unternehmer, wie es seinesgleichen sucht. Am 14. April 1913 starb er, 68-jährig, in Hamburg.

5. Jil Sander

Heidemarie Jiline Sander (geb. 27. November 1943) ist die bedeutendste deutsche Modedesignerin und eine erfolgreiche Unternehmerin. Geboren in Wesselburen (Dithmarschen), wuchs sie bei ihrer Mutter in Hamburg auf und ließ sich nach der mittleren Reife zur Textilingenieurin ausbilden. Nach Stationen als Mode-Redakteurin bei "Constanze" und PR-Leiterin bei "Petra" eröffnete Jil Sander 1968 eine Boutique an der Milchstraße. Bereits die erste Damenkollektion war ein internationaler Erfolg. Ihr Markenzeichen: der schlichte Hosenanzug für Frauen. Avantgardistisch-lässig, aber nicht verkleidet sollten die Damen in ihrer Mode aussehen. Mit dem Start des ersten Duftes gelang ihr endgültig der Durchbruch. Kosmetik, weitere Parfüms und Herrenmode folgten, 1989 ging die Jil Sander AG an die Börse. Nach einem Streit mit der beteiligten Prada-Gruppe zog sich die Designerin 2000 aus dem Geschäft zurück. Nun, mit 65 Jahren, kehrt sie zurück, um Mode für das japanische Label Uniqlo zu entwerfen.

6. Karl Schiller

Er war Uni-Präsident und SPD-Wirtschafts- und Verkehrssenator in Hamburg, Wirtschaftsminister in der Großen Koalition 1966 und ging ab 1971 als Superminister für Wirtschaft und Finanzen in die Geschichte der Bundesrepublik ein. Karl Schiller (1911-1994) war während seiner beruflichen Anfangszeit auch Wirtschaftsprofessor in Hamburg. "Ich habe seine Vorlesungen gehört", schwärmen heute noch ältere Hamburger über den scharfsinnigen Professor. In der Politik hat Schiller Maßstäbe gesetzt. Die konzertierte Aktion, bei der sich Vertreter von Gewerkschaften, Arbeitgeber und Regierung bei Krisen zur Lösungssuche zusammensetzen, geht auf seinen Antrieb zurück, genauso wie die Freigabe des deutschen Wechselkurses gegenüber dem Dollar. Als er während der Ölkrise 1972 Einsparungen beim Bundeshaushalt forderte, die seine Genossen aber nicht mittrugen, trat er aus der SPD aus und vom Amt zurück.

7. Helmut Schmidt

Seit der Altkanzler zum "Großvater der Nation" ("Spiegel") wurde, als Kritiker stets richtige Worte zu finden scheint, seitdem ist etwas in Vergessenheit geraten: dass er als Politiker selbst mit vielen Gegnern zu kämpfen hatte. So trieb Helmut Schmidt (SPD) den Nato-Doppelbeschluss voran, der ab 1979 die Republik teilte: in Realpolitiker, die zusätzliche Atomraketen gegen die Sowjetunion befürworteten - und die Friedensbewegung. Als Polarisierer gilt der vor 90 Jahren in Barmbek geborene Schmidt, der kometenhaft vom Hamburger Innensenator (und Krisenmanager der Flut von 1962) zunächst zum Fraktionsvorsitzenden der Bundes-SPD aufstieg, nun nicht mehr. Viel mehr als Prototyp eines Politikers, den sich heute alle irgendwie zurückwünschen: fundiert, präzise, von protestantischer Arbeitsethik. Sogar seine rigide Arroganz gilt heute als liebenswerte Art, die Menschen dieser Welt zurechtzuweisen.

8. Klaus von Dohnanyi

Als der Sozialdemokrat Klaus von Dohnanyi (81) am 24. Juni 1981 zum Ersten Bürgermeister Hamburgs gewählt wurde, war das ein kleiner Kulturbruch für seine Partei. Erstmals wurde kein Eigengewächs der Hamburger SPD Senatschef. Zwar kam er in Hamburg zur Welt, seine politische Heimat lag aber in Rheinland-Pfalz. Als er sieben Jahre später zurücktrat, hatte er sich großes Ansehen in der Stadt erworben. Mit seinem Namen sind zwei wegweisende Reden vor dem Übersee-Club verbunden, in dem er den nötigen Strukturwandel der Hafenstadt Hamburg vorzeichnete. Er erreichte nach jahrelangen Auseinandersetzungen eine, allerdings umstrittene, friedliche Lösung mit den Besetzern der Hafenstraßen-Häuser. Verständlich wird Dohnanyis politisches Engagement durch die Geschichte seiner Familie. Sein Vater Hans gehörte dem Widerstand gegen Hitler an und wurde 1945 im KZ Sachsenhausen ermordet.

9. Herbert Wehner

Bärbeißiger Politstratege, Zuchtmeister, "getreuer Ekkehard" der SPD - Herbert Wehner hatte den Ruf, der "härteste Hund" der Sozialdemokraten zu sein. Dafür liebte ihn die Partei, doch das Volk liebte den Kanzler Willy Brandt. Allzu grün waren sich die beiden nicht. "Der Herr badet gerne lau", unkte Wehner einmal über Brandt. Überhaupt: Mit "ruppig" wäre sein Politikstil noch beschönigend beschrieben. 78 Ordnungsrufe kassierte er im Bundestag - das ist Rekord. Als Sohn eines Schuhmachers und einer Schneiderin kam Wehner 1906 in Dresden zur Welt. 1946 wurde er SPD-Mitglied, zählte zu den engsten Mitstreitern des SPD-Vorsitzenden Kurt Schumacher. Von 1969 bis 1983 führte er als Vorsitzender die SPD-Fraktion im Bundestag an, wurde zum Geburtshelfer des Godesberger Programms, das den Wandel der SPD von der Klassen- zur Volkspartei einleitete. 1986 wurde Wehner, der von 1949 bis 1983 Bundestagsabgeordneter im Wahlbezirk Harburg war, Hamburger Ehrenbürger.

10. Herbert Weichmann

"Die Zukunft Hamburgs liegt im Süden." Mit dieser 1969 geäußerten Einschätzung machte sich Herbert Weichmann, Bürgermeister von 1965 bis 1971, südlich der Elbe unsterblich. Keiner seiner Nachfolger kommt in Harburg und Umgebung ohne dieses Zitat aus - obwohl diese "Zukunft" nach wie vor mehr Vision als Realität ist. Doch der Sozialdemokrat, der erst mit 52 Jahren in die Hansestadt kam, hat auch nördlich der Elbe tiefe Spuren hinterlassen. 1896 in Oberschlesien geboren, floh der jüdische Journalist quer durch Europa und bis in die USA vor den Nazis - und traf dabei mehrmals auf Max Brauer. Es entstand eine enge Freundschaft, und so folgte Weichmann Brauer nach Kriegsende nach Hamburg, wurde Präsident des Rechnungshofs, Finanzsenator und schließlich Bürgermeister. In allen Ämtern erwarb er sich einen glänzenden Ruf, fachlich ebenso wie als Mensch. Mit seiner Amtszeit verbunden sind Projekte wie die Hafenerweiterung, der Bau des CCH oder des neuen Elbtunnels.