Warum unterstellt das Hamburger Abendblatt ("Chef des Steuerzahlerbundes kritisiert Schulden", 27. August), dass der Hamburger Steuerzahlerbund, der 6000 Mitglieder zählt, die Interessen von 900 000 Hamburger Steuerzahlern vertritt?

Meine Interessen vertritt dieser Verein nicht und wohl die von 893 999 weiteren Hamburger Steuerzahlern auch nicht. Diverse örtliche Sportvereine, Kulturklubs oder Parteien haben mehr Mitglieder und nehmen zu Recht nicht in Anspruch, jeweils für alle zu sprechen. Hier sollte das Abendblatt ehrlich informieren.

Gert Thinius

Sehr geehrter Herr Thinius,

zunächst einmal möchte ich Sie loben, dass Sie das Interview so aufmerksam gelesen haben. Die meisten Leser, und das ist unsere ganz praktische Erfahrung, zielen mit Lob oder Kritik bei Interviews eher auf die Antwort des Interviewten ab als auf die Fragen, die wir stellen - insofern ist Ihre Anmerkung unter diesem Aspekt bemerkenswert. Und: Sie schieben damit zugleich eine interessante Diskussion an. Lassen Sie mich in drei Schritten antworten.

Erstens: Streng juristisch würde ich Ihnen sofort zustimmen: Ein Verein kann demnach nur seine Mitglieder vertreten und nur für diese sprechen.

Zweitens: Daraus zu folgern, wir hätten nicht ehrlich berichtet, ist zu streng: Wir haben im Interview alle Fakten genannt, dass der Hamburger Steuerzahlerbund 6000 Mitglieder hat und dass es knapp 900 000 Hamburger Steuerzahler gibt.

Drittens: "Die Sprache ist gleichsam der Leib des Denkens", befand einst Philosoph Hegel. Also, denken wir einmal in eine andere Richtung. Stellen wir uns ganz banal vor: Eine Verbraucherschutzorganisation schlägt für Verbraucher Alarm, weil irgendein Produkt mangelhaft ist. Oder: Der ADAC fordert ganz allgemein, dass bestimmte marode Autobahnen schnell modernisiert werden müssen. Ob nun dort Mitglied oder nicht, mal ehrlich, würden Sie sich auch an solchen Vorstößen stören? Wohl nicht, Sie würden sich wahrscheinlich freuen, weil Sie davon vielleicht sogar im einen oder anderen Fall persönlich profitieren könnten.

Nun fühlen Sie sich vom Hamburger Steuerzahlerbund nicht vertreten, das ist Ihr gutes Recht. Schade, mich würde übrigens genauer interessieren, warum eigentlich nicht? Denn, das Hauptanliegen des Bundes der Steuerzahler, der überparteilich, unabhängig und gemeinnützig agiert, ist doch für eine Gesellschaft nützlich: Er hält meist den Finger genau in die Finanz-Wunde und zeigt Missstände auf, zeigt, wo Steuergeld verschleudert wird, wo es eingespart werden kann. Vielleicht mögen Sie jetzt immer noch kein Loblied auf die Wächter beim Umgang mit unser aller Steuergeld singen, aber eines ist doch klar: Der Steuerzahlerbund zeigt solche Missstände uns Bürgern auf - uns allen.

Herzlichst

Ihr

Claus Strunz