Sehr geehrte Redaktion,

beim Lesen der Kolumne von Hermann Schreiber musste ich sofort an den Artikel auf Seite 7 im Abendblatt vom 15.7. denken: Hier schlägt Hamburgs Nachrichtenherz. Danach gibt es in dem neuen Büro: Newsroom, Multimedia, Crossmedia, Online-Chef, Newsdesk sowie Multimedia/Online-Monitore am Newsdesk, Multi-Bildschirm-Säulen, Print, Online, Channel Managerin, Online-Ressort, Layouter, Artdirectorin.

Ich frage mich, welche Motive jemanden bewegen, dem Arbeitsraum einer deutschen Zeitung diese Namen zu verpassen. Ist es sachliche Notwendigkeit, Wichtigtuerei, soll es modern klingen, Gedankenlosigkeit oder welche Gründe gibt es sonst noch?

Mir ist bewusst, dass viele in ihren Tätigkeitsbereichen ihre Fachsprache haben wie Seeleute, Jäger, Handwerker und viele mehr. Aber in dieser geballten Form und in einer Fremdsprache und in einer deutschen Zeitung für Hamburg und Umgebung halte ich es für überflüssig, weil alle Begriffe mit verständlichen deutschen Wörtern ersetzt werden könnten. Vielleicht kann mir jemand diese Begriffsverwendungen erklären?

Mit freundlichen Grüßen

Uwe Byszio

Sehr geehrter Herr Byszio,

Sie sprechen ein Thema an, das viele Menschen bewegt: der Einfluss der englischen auf die deutsche Sprache. Der Dichter Jean Paul hat die deutsche Sprache einst als "Orgel unter den Sprachen" bezeichnet, ein sehr schönes Bild. Und da empfinde ich wie Sie einige Anglizismen als Misston. Oft stecken dahinter Mode, Wichtigtuerei oder schlichte Bequemlichkeit. Aber nicht jeder aus dem Englischen übernommene Begriff ist per se schlecht; gerade die neuen Techniken und das Internet haben einen Wortschatz mitgebracht, den man nutzen muss, um verstanden zu werden. Wenn alle Welt von "online" spricht, können wir kaum "am Netz" sagen.

Ob "Newsroom", "Newsdesk" oder etwa "Channel Manager" die optimalen Begriffe sind, diskutieren wir auch in unserer Redaktion. Und das letzte Wort ist da sicherlich noch nicht gesprochen. Aber nicht jeder englische Begriff wird durch die Übersetzung besser: Hätten Sie es wirklich lieber, wenn wir statt "Channel Manager" fortan "Kanal-Leiter" sagen würden? Im Zeitalter der Globalisierung, in dem Menschen und Sprachen zusammenrücken, werden wir Deutschen weiter neue Begriffe aus dem Englischen einführen. Wir sagen eben nicht "Kompaktschallplattenspieler", "Lichtabtaster" oder "Herrenunterhose mit kurzem Beinteil", sondern sprechen ganz vertraut von "CD-Player", "Scanner" oder "Boxershorts".

Vielleicht trösten Sie sich mit Christian Morgenstern, der befand: "Wie ist jede - aber auch jede Sprache schön - wenn in ihr nicht nur geschwätzt, sondern gesagt wird!" Ich werde Ihren Brief zum Anlass nehmen, unseren Sprachgebrauch noch einmal genauer zu überdenken. Wir lesen uns!

Herzlichst, Ihr Matthias Iken