Saeeid Dastmalchian wurde 1970 in Teheran geboren. Als 13-Jähriger kam er nach Deutschland. Nach der Schule studierte Dastmalchian Kommunikationsdesign und lebt seitdem als freischaffender Künstler in Hamburg.

Mit seiner Arbeit will er zum Dialog anregen und die Opposition im Iran unterstützen.

Hamburger Abendblatt:

Wie stehen Sie zur Wiederwahl des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad?

Saeeid Dastmalchian:

Ich bin überrascht, dass diese Wahl auf Biegen und Brechen durchgesetzt wurde. Dass so viele Iraner das Ergebnis anzweifeln, hätte die Regierung ernster nehmen müssen. So aber fehlt die Vertrauensgrundlage, um miteinander in den Dialog zu treten.

Abendblatt:

Mit welchen Konsequenzen rechnen Sie nun?

Dastmalchian:

Es gibt ein persisches Sprichwort: "Die Asche ist noch heiß." Das bedeutet, dass das Feuer zwar gelöscht wurde, aber es weiterhin Unruhe geben wird. Die Menschen im Iran werden einen Anlass finden, um zu rebellieren. Nur wird es beim nächsten Mal heftiger werden, also möglicherweise mehr Verletzte und Tote geben.

Abendblatt:

Was treibt die Demonstranten an?

Dastmalchian:

Ich glaube nicht, dass die heutige Bewegung eine Revolution beabsichtigt. Diese lange andauernde Welle der Unzufriedenheit, die nun ihren Höhepunkt findet, richtet sich nicht gegen politische oder religiöse Werte, die im Iran nun schon seit Hunderten von Jahren existieren. Was ich bei meinen Reisen durch den Iran von 1988 bis 2004 immer wieder erfahren und in meinem Fotobuch "Unverschleierte Augenblicke" festgehalten habe, ist der Wunsch der Bevölkerung, besonders der jungen Menschen, nach mehr Akzeptanz und Teilnahme am weltlichen Geschehen.

Abendblatt:

Haben Sie sich während Ihrer Reisen im Iran heimisch gefühlt, wollten Sie dort bleiben?

Dastmalchian:

Ich spreche die Sprache fließend und hätte mir auch vorstellen können, dort zu leben. Aber ich habe schnell gemerkt, dass es für mich als Künstler im Iran keine Zukunft gibt. In Teheran wäre ich der Zensur total ausgesetzt.

Abendblatt:

Lebt ein Teil Ihrer Familie noch im Iran?

Dastmalchian:

Meine Eltern sind in Teheran geblieben. Wegen der Demonstrationen sind sie sehr verunsichert und trauen sich nur noch tagsüber aus dem Haus zu gehen. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, als sie mich kürzlich in Hamburg besucht haben. Allerdings hat mein Vater sich nicht einmal getraut, meine Ausstellung im Rathaus zu besuchen. Auch meine künstlerischen Aktivitäten werden sicherlich von der Regierung im Kleinen registriert.

Abendblatt:

Was müsste sich in Zukunft in Ihrem Heimatland ändern?

Dastmalchian:

Eine demokratische Entwicklung im Iran braucht Zeit. Diese Entwicklung muss aber von innen stattfinden. Und die größte Chance in diese Richtung besteht darin, die Meinungen und Wünsche der Bevölkerung, insbesondere der jungen Menschen, ernst zu nehmen. Ein falsches Signal ist es, diese niederzuschlagen.