Zigtausende Jugendliche sind durch mit der Schule, haben Abi oder einen anderen Abschluss gemacht. Doch was mit der neuen Freiheit anfangen?

Hamburg. Die Nase voll und ab ins Ausland? Wir dürfen vorstellen - sieben Brücken zwischen Schule und Leben danach.

Die Studentin

Jessika Riege (19) aus Kirchwerder: "Ich habe mich im letzten Sommer bei verschiedenen Logistikunternehmen für einen Ausbildungsplatz beworben. Meistens musste ich Einstellungstests durchlaufen. Das war bei meiner jetzigen Ausbildungsfirma anders: Ich hatte ein persönliches Gespräch, was mir das Unternehmen gleich sympathisch gemacht hat. Abgesehen davon bot es mir einen dualen Studiengang an, eine Kombination aus Ausbildung und Studium. Ich bekomme das Studium finanziert und muss im Gegenzug zwei Jahre bei der Ausbildungsfirma bleiben. Grundsätzlich gilt: Bei Bewerbungsgesprächen muss man auf alles gefasst sein. Ich wurde einmal Folgendes gefragt: Wenn eine Fee um die Ecke käme, um dir einen Berufswunsch zu erfüllen. Welchen würdest du nehmen? Ich sagte, dass ich dann gern Generalsekretärin der Vereinten Nationen wäre, und ich glaube, diese Antwort kam gut an."

Die Überfliegerin

Saskia Rehder (23) aus Reinbek: "Ich studiere Wirtschaftsingenieurswesen im achten Semester an der TU Harburg. Mein Studium gefällt mir wegen der Mischung aus BWL und Technik. Eigentlich würde ich meinen Abschluss auch in der Regelstudienzeit von neun Semestern schaffen - durchschnittlich braucht man 14 Semester -, aber ich gehe ab August noch für ein Jahr nach Göteborg in Schweden. Dort mache ich ein Master-Programm. Das heißt, ich habe am Ende einen Doppelabschluss mit Diplom (hoffentlich mit der Note 1,0) und Master.

Zum Glück werde ich durch ein Stipendium von der Studienstiftung des Deutschen Volkes unterstützt, finanziell und inhaltlich. Es gibt regelmäßig Treffen und Seminare, aber die überschneiden sich meistens mit meinem Schwimmtraining. Denn das ist meine Leidenschaft. Den größten Erfolg hatte ich vor einiger Zeit bei den Deutschen Meisterschaften, als ich Dritte geworden bin. Mein Tipp für angehende Studenten: Engagiert euch ehrenamtlich. Das fehlt bei mir im Lebenslauf und ich bereue es im Nachhinein."

Der Zivi

Philipp Starck (20) aus Reinbek: "Ich habe meinen Zivildienst in der Kirchengemeinde Schönningstedt-Ohe bei einem sehbehinderten Pastor absolviert. Insgesamt neun Monate habe ich Fahrdienste für ihn geleistet und den Pastor zu seinen Terminen gefahren. Gelegentlich hatte ich auch im Kirchenbüro zu tun oder habe ein paar Hausmeisterarbeiten übernommen. Dann habe ich Tauf- oder Sterbeurkunden erstellt oder kleine Artikel für den Gemeindespiegel geschrieben. Alles sehr einfache Aufgaben. Dafür habe ich so ungefähr 18 Euro am Tag, also zwei bis drei Euro die Stunde, bekommen. Also: eine Menge Geld für wenig Aufwand! Es war eine sehr entspannte Zeit. Am meisten Spaß hat mir der Fahrdienst gebracht, weil ich einfach gerne Auto fahre. Aber sämtliche meiner Aufgaben haben mich weder gefordert noch gefördert und erst recht nicht weitergebracht bei der Entscheidung, was ich später machen will. Es hat mir nicht wirklich gefallen, weil der Anspruch gefehlt hat. Und ich brauche einen Job, der mir Spaß macht, weil ich mich sonst nicht aufraffen kann. Deswegen war meine Zivi-Zeit keine so gute Erfahrung, weil ich wenig gelernt habe. Außer vielleicht, dass ein Pastor auch nur ein Mensch ist. Jetzt plane ich demnächst ein Praktikum als Werbetexter."

Der Rekrut

Sascha Schlegel (19) aus Elmshorn: "Nach meiner mittleren Reife habe ich 2008 in Goslar meinen Wehrdienst gemacht. Für mich war der Bund die einzige Option: Ich brauch Bewegung. Und im Harz gab es wegen der langen Anfahrt einen saftigen Mobilitätszuschlag. Die ersten drei Monate (Grundausbildung) waren cool, wir haben viel Mist gebaut. Die restlichen sechs Monate hab ich dann bei der Ausbildung der Rekruten geholfen, dann durfte ich auch endlich jemanden anschreien. Nervig waren die langen Märsche, die Unterrichtseinheiten waren auch unnötiger Mist. Meine Kompanie war außerdem schlecht organisiert und es gab viele unfreundliche Leute. Aber man erlebt auch was und schließt Freundschaften. Wer Lust hat, ein bisschen im Wald rumzurennen, sich zu verstecken und anzumalen, der sollte es auf jeden Fall machen. Ich selbst würde es auch wieder tun."

Die Weltenbummlerin

Laura Schluchtmann (20) aus Hamburg : "Ich bin nach meinem Abitur letztes Jahr drei Monate durch die Welt gereist. Ich war jeweils etwa vier Wochen in Südafrika, Neuseeland und auf Hawaii. Zwischendurch habe ich bei einem Versicherungsmakler gejobbt, um erste kaufmännische Erfahrungen zu sammeln.

Es war das Beste, was ich machen konnte! Nach dem Abi hat man diese einmalige Chance, etwas Neues zu erleben, die Welt zu entdecken. Später, wenn man im Beruf oder in der Ausbildung ist, schiebt man so ein Jahr nicht mehr ein. In diesem Jahr ist mir auch erst richtig klar geworden, was ich später machen möchte. Im August fange ich nun meine Ausbildung zur Industriekauffrau in Hamburg an. Und danach - wer weiß? Vielleicht reise ich dann wieder durch die Welt oder ich sage 'Ciao Deutschland'. Das Fernweh lockt."

Die Nanny

Anna-Lena Kayser (19) aus Reinbek: "Ich hatte mich entschlossen, vor dem Studium eine Auszeit zu nehmen - als Au-pair bei einer Familie in Australien. Nach der Kontaktaufnahme ging es recht schnell, im Sommer 2008 war ich bereits in Sydney. Dort habe ich fünf Kinder betreut und hatte glücklicherweise ein super Verhältnis zu meinen Gasteltern. Wie alle Au-pairs musste ich helfen, den Haushalt zu schmeißen. Neben meinem verbesserten Englisch stelle ich fest, dass ich viel eigenständiger und selbstbewusster geworden bin. Außerdem ist mir viel mehr bewusst, was ich mit meinem Leben anfangen und erreichen will. Ich habe viel gelernt und wundervolle Erfahrungen gemacht. Jetzt will ich studieren, Innenarchitektur oder Raumplanung."

Die Backpackerin

Antje Raschke (20) aus Reinbek: "Nach dem Abi war ich fünf Monate in Australien und habe Work & Travel gemacht. Ich wollte eine Auszeit zwischen Schule und Studium - mal raus aus dem Alltag und richtig was erleben. Work & Travel hat sich sehr angeboten, da ich meine Reise vor Ort selbst finanzieren konnte und vor allem frei entscheiden konnte, wann, wohin und mit wem ich reise. Ich wollte möglichst viel sehen und erkunden und bin viel herumgereist: Melbourne, Great Ocean Road, Brisbane, dann die Ostküste Australiens entlang und ich war sogar auf den Fidjis. Dabei habe ich viele interessante Menschen aus verschiedenen Ländern kennengelernt. In Sydney habe ich schnell einen Kellnerjob, eine Wohnung und mit der Zeit auch richtig gute Freunde gefunden. Alles Dinge, die man bei Work & Travel normalerweise vermisst, da sonst ein ständiges Kommen und Gehen herrscht, Bekanntschaften eher kurzlebig sind und man sich selten irgendwo richtig zu Hause fühlt. Einfache Dinge wie sein Bett, saubere Wäsche und gutes Essen weiß man nach so einen Trip wirklich zu schätzen. Jetzt fange ich eine Ausbildung beim Jahr Top Special Verlag an."