Er soll einen 20-Jährigen bei einer Leibesvisitation grundlos geschlagen haben. Der Beamte wurde an eine andere Wache versetzt.

Der pikante Fall soll sich bereits am vergangenen Mittwochmorgen ereignet haben: Gegen 2.30 Uhr wird ein 20-Jähriger aus Hamburg von einer Polizeistreife auf der Reeperbahn wegen Verdacht auf Scheck- und Kreditkartenbetrug festgenommen. Er soll mit gestohlenen Kreditkarten bezahlt haben. Der junge Mann wehrt sich bei seiner Festnahme heftig. Die Beamten müssen ihn zu Boden bringen, um ihm Handschellen anlegen zu können. Er wird dabei leicht verletzt.

Wenige Minuten später auf der nur wenige Hundert Meter entfernten Davidwache: Der Betrüger wird routinemäßig durchsucht. Er muss sich unter Aufsicht mehrerer Beamter ausziehen, seine Kleidung wird gefilzt, auf Waffen und Drogen untersucht. Der 20-Jährige, der Minuten zuvor noch um sich schlug und trat, wirkt nach Angaben von beteiligten Beamten ruhig und gefasst.

Plötzlich rastet der stellvertretende Dienstgruppenleiter (41) aus. Nach Angaben seiner Kollegen schlägt er den 20-Jährigen während der Durchsuchung mehrmals mit der Hand ins Gesicht. "Grundlos", geben die Beamten später zu Protokoll. Die Schläge sind nicht hart, doch sie treffen den jungen Mann. 15 Beamte haben an diesem Abend auf der Wache Dienst. Nach Angaben der Polizeipressestelle sind zur Tatzeit neben dem Oberkommissar mindestens noch zwei weitere Beamte in dem Durchsuchungsraum, die die Übergriffe mit eigenen Augen beobachtet haben wollen.

Seine Kollegen sind entsetzt. So sehr, dass sie ihren Vorgesetzten anzeigen. Sie melden den Fall ihrem Dienstgruppenleiter, dem Schichtführer der Wache, der daraufhin eine Anzeige gegen den tatverdächtigen Polizisten aufgibt. Die Innenbehörde schickt einen Sachverständigen der Dienststelle Interne Ermittlungen, der den Fall aufnimmt und die Ermittlungen einleitet.

Bei der Polizei werden die Vorwürfe sehr ernst genommen, nicht zuletzt, weil der Oberkommissar aus den eigenen Reihen schwer belastet wird. "Ein ähnlicher Fall ist uns aus den letzten sechs Jahren nicht bekannt", heißt es übereinstimmend von Polizei und Innenbehörde. Sollten sich die Tatvorwürfe erhärten, muss der Beamte nach dem Strafgesetzbuch mit einer Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren rechnen. In "minder schweren Fällen" kann er auch zu einer Geldstrafe verurteilt werden.

Nach einer Verurteilung würde zudem ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet und damit über die berufliche Zukunft des Beamten entschieden werden.

Ob sich der verdächtige Beamte bereits zu den Vorwürfen geäußert hat oder von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat, ist noch nicht bekannt. Der Hamburger Staatsanwaltschaft lag die Ermittlungsakte am Freitagnachmittag nach Angaben ihres Sprechers Wilhelm Möllers noch nicht vor. Seiner Aufgabe ist der 41-jährige Polizist jedoch bereits entbunden. Er habe einen neuen Aufgabenbereich an einer anderen Wache erhalten, heißt es aus der Polizeipressestelle. Er sei durch einen anderen Mitarbeiter ersetzt worden. "Er wird sicher keine Führungsaufgaben mehr wahrnehmen", sagte ein Polizeisprecher. Die Polizei ist an einer raschen Aufarbeitung des Falls interessiert. "Uns liegt viel daran, dass sauber gearbeitet wird", sagt Polizeisprecher Ralf Meyer.

Nach Angaben der Hamburger Innenbehörde und der Staatsanwaltschaft kommt es immer wieder zu Anzeigen gegen Polizeibeamte wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt. Die meisten Fälle würden sich jedoch als haltlos erweisen.

Zuletzt hatte im Dezember vergangenen Jahres der Altonaer SPD-Politiker Serkan Bicen (21) den Vorwurf erhoben, von Polizisten auf der Wache wegen seines südländischen Aussehens misshandelt worden zu sein. Einen Tag später zeigten die beteiligten Polizisten den Jungpolitiker jedoch wegen Beleidigung und Widerstands an.

Die Ermittlungen in dem Fall dauern allerdings noch an.