Ein Forum wie die Redaktionskonferenz hat Nicola Verstl sich schon länger gewünscht. Einmal umfassend sagen können, was einem an der Tageszeitung gefällt und was nicht. "Die Leser-Blattkritiker-Aktion kam mir da gerade recht. Wenn man die Chance hat, etwas zu verändern, muss man sie nutzen", sagt die gebürtige Bremerin, die seit 1995 in Hamburg lebt, und fügt hinzu: "Ich finde es sehr mutig, dass Sie sich dieser Kritik direkt stellen."

Aufgewachsen mit dem "Weser-Kurier", habe sie während des Studiums die "FAZ" und das "Handelsblatt" gelesen. Seit sie in Hamburg lebt, habe sie das Abendblatt abonniert. "Das war so ein Stück ankommen in der neuen Stadt", sagt die Diplomvolkswirtin, die für die Stiftung Hamburger Kunstsammlungen (SHK) arbeitet.

Verglichen mit der "FAZ", die sie weiterhin täglich liest, sei ihr das Abendblatt "ein bisschen zu bunt. Viele Farben, das steht für mich eher für Boulevard." Ganz wichtig sei ihr guter Schreibstil und ein sorgfältiger Umgang mit der Sprache. Sie nennt ein Beispiel: "Warum musste da kürzlich in einem Text stehen, es wird ein Garten "plattgemacht"? Das kann man auch anders ausdrücken."

Generell fordert die 39-Jährige: "Trauen Sie dem Leser mehr zu! Der Leser wird oft unterschätzt. Sie können noch mehr aus der Zeitung herausholen."

Verstl lobt indes die hohe Aktualität des Abendblatts und begeistert sich auch für die großen Politiker-Interviews. "Die kommen auch im Freundeskreis gut an", sagt die zweifache Mutter. Allerdings wünscht sie sich im Politikteil eine klarere Trennung zwischen innen- und außenpolitischen Themen. Auch der Hamburg-Teil sei ihr zu unübersichtlich, "da wäre eine Gliederung schön, entweder nach Themen oder vielleicht nach Stadtteilen". Die tägliche Schulseite dagegen findet ihre ungeteilte Zustimmung: "Das sollten Sie sogar noch ausbauen." Auch dem Feuilleton sollte man mehr Platz einräumen, meint die Blattkritikerin. "Auch eine Literaturbeilage wäre schön - wenigstens einmal im Jahr, vielleicht vor den Ferien."

Negativ

Sprachliche Qualität verbesserungswürdig, zu viele kleine Meldungen, optisch insgesamt etwas zu bunt, Politikteil zu wenig gegliedert in "national/international".

Positiv

Schulseite (sollte sogar noch ausgebaut werden), interessante Interviews mit Politikern, große Aktualität, Aus aller Welt, Wissen-Ressort (weiter ausbauen).