Im Tierpark drängten sich am Montag die Besucher, um einen Blick auf das vier Tage alte Baby zu werfen. Und das lohnte sich.

Manche Dinge sind unumstößlich: Die Erde ist rund, Claudia Schiffer blond und ein Elefant groß. Wenn man im Umkehrschluss einem Elefanten begegnet, den man erst auf den zweiten oder gar dritten Blick sieht, weil er wirklich noch sehr klein ist, dann ist das für viele Menschen eine erstaunliche Erkenntnis. Alle sachlichen Hinweise darauf, dass auch Elefantenbabys verhältnismäßig klein anfangen, sind dann fehl am Platz. Wenn so ein - eigentlich monumentales - Tier plötzlich als zartes, flaumiges Wesen daherkommt, mit seinem dünnen Rüsselchen schlackert und nach zwei Minuten auf den Beinen fast im Stehen einschläft, dann setzt das Denken aus. Und das kollektive, verzückte Seufzen ein. So geschehen gestern bei Hagenbeck.

Das vier Tage alte Elefantenbaby durfte mit Mutter Thura (35) und Tante Shandra (43) den ersten Tag in der großen Elefanten-Freilaufhalle verbringen. Nach seiner Geburt am Freitagabend hatten sich die Tierpfleger entschlossen, alle drei die ersten Tage in einem abgetrennten Stall unterzubringen, damit sich die Mutter-Kind-Bindung festigen konnte. Gestern dann der große Ausflug in die 1000 Quadratmeter große Halle mit Sandboden, Badeteich und Wasserfall.

Um 9 Uhr machte das kleine Mädchen die ersten, wackeligen Schritte auf dem weichen Untergrund, immer dicht an Mamas Seite. Während Thura in Ruhe fraß, trank die Lütte bei ihr - und ließ sich danach nicht selten für ein kurzes Nickerchen zwischen den schützenden Säulen-Beinen der Mutter auf den Boden sinken. "Sie macht das gut, legt sich vernünftig hin und kippt nicht einfach um", freute sich Revierleiter Thorsten Köhrmann (48). Während vormittags die Neugierde wohl noch überwog und der Schlaf meist nach wenigen Minuten beendet war, verließ das Elefantenbaby am Nachmittag die Energie. Und es schlief seelenruhig längere Zeit, mitten auf der Anlage liegend, von Hunderten Besuchern beäugt.

Einem passte das alles nicht so besonders: Thuras viereinhalbjähriger Sohn Thai, der Bruder des Babys, grummelte in seinem angrenzenden Stall vor sich hin. Köhrmann hielt ihn und den Rest der Herde bewusst noch von dem Nesthäkchen fern: "Mit seinem jugendlichen Übermut könnte er etwas zu ruppig für den Umgang mit dem Baby sein. In freier Wildbahn verlassen die jungen Bullen ja auch die Herden mit den Müttern und den Kälbern." So sieht sich auch Hagenbeck nach einer neuen Bleibe für den kleinen Bullen um, doch bisher war noch nichts Geeignetes dabei.

Das kleine Elefantenmädchen bekam von diesen Sorgen nichts mit: Tollpatschig lief es mal gegen das rechte, dann gegen das linke Hinterbein seiner Mutter, verhedderte sich beim Spielen mit einem kleinen Ast an den Zweigen und wahrte nur mit Mühe das Gleichgewicht, oder es berüsselte interessiert einen großen, dampfenden Haufen Dung - nur, um dann mittendurch zu laufen. In den nächsten Tagen steht nun das nächste große Abenteuer an: Noch diese Woche könnte die Lütte ihre älteren Halbgeschwister Kandy (6), Shila (2) und Shahrukh (sieben Monate) kennenlernen, die schon ungeduldig darauf warten. Dann wird sie auch nicht mehr länger "Püppi" oder "Nesthäkchen" von ihren Pflegern gerufen werden müssen: Denn schon ganz bald bekommt sie auch ihren richtigen Namen. Über den dürfen Abendblatt-Leser exklusiv abstimmen. Welche Namen zur Auswahl stehen und wie Sie mitmachen können - morgen im Abendblatt.