An der Stadtgrenze ist Schluss: Regionalzüge dürfen nicht bis zum Hauptbahnhof fahren.

Die Regionalzüge aus dem Hamburger Umland verzeichnen seit Jahren große Zuwachsraten: Immer mehr Pendler verzichten aufs Auto und nutzen die Bahn. Dabei müssen sie ihren Weg zur Arbeit in vollen Zügen erdulden. Doch zum Ärger der Hamburger Nachbarkreise in Schleswig-Holstein und Niedersachsen werden weitere Ausbaupläne ausgerechnet vom schwarz-grünen Senat ausgebremst, die an anderer Stelle den Umstieg von Auto auf Bahn gern propagiert.

Die Verhandlungen, weitere Metronom-Pendlerzüge aus Buchholz, Tostedt, Uelzen und Bremen bis zum Hamburger Hauptbahnhof durchfahren zu lassen, sind gescheitert. Diese zusätzlichen Züge müssten nun in Harburg halten, die Pendler umständlich über das Bahnhofgelände zur S-Bahn hetzen. "Und das wäre wirklich keine gute Verbesserung für den Nahverkehr", so Tatjana Festerling, Sprecherin der niedersächsischen Bahngesellschaft Metronom, die auf drei Achsen Hamburg anfährt. Die schnellen Expresszüge fahren dabei im Stundentakt, Metronom-Regionalzüge halten indes auch in kleineren Orten im Landkreis Harburg und fahren in Spitzenzeiten auch häufiger, enden aber zum Teil bereits in Harburg.

17 000 Fahrgäste nutzen täglich allein morgens dieses Metronom-Angebot, seit Jahren verzeichnet der Metronom dabei Steigerungsraten, und die Züge sind oft zu nahezu 100 Prozent besetzt. Geplant war daher, dass zum Fahrplanwechsel 2010/2011 auf den beiden Strecken von Uelzen und Lüneburg sowie Tostedt und Buchholz 20 zusätzliche Waggons eingesetzt und Züge damit verlängert werden sollen. Zudem sollten mehr Metronom-Züge bis zum Hauptbahnhof fahren können. Doch beides lehnte Hamburg jetzt ab, wie der Sprecher der Stadtentwicklungsbehörde, Enno Isermann, bestätigte. Die Behörde von Senatorin Anja Hajduk (GAL) verweist dazu auf die Konkurrenz mit der Güterbahn. Gerade zwischen Hauptbahnhof und Harburg gebe es viele Knotenpunkte, wo sich Güter- und Pendlerbahnen ins Gehege kommen könnten. Und mit Blick auf den Hafen sei laut Gutachten eine Ausweitung der Kapazität nicht möglich, so Isermann. Auf eine Kurzformel gebracht: Zwischen Harburg und Hamburg sollen nicht mehr Pendlerzüge fahren, weil der Platz für den Güterverkehr gebraucht wird. Isermann: "Wir wollen möglichst viele Pendler auf die Bahn bringen, aber auch möglichst viele Güter."

Eine Sichtweise, die im Landkreis Harburg auf wenig Verständnis stößt. So fordert Landrat Joachim Bordt Entgegenkommen von Hamburg und eine "intelligente Lösung" für den Personen- und Güterverkehr. Bordt: "Es kann nicht sein, dass der Metronom aufs Abstellgleis geschoben wird."

Ein Vorwurf, der so ähnlich auch in Schleswig-Holstein erhoben wird und dort zu vergleichbaren Problemen auf den Pendlerstrecken führt: "Wir würden gern mehr Züge bis in den Hamburger Hauptbahnhof fahren lassen", sagt der Sprecher der Landesweiten Verkehrsservicegesellschaft (LVS), Dennis Fiedel. "Es sind aber nicht genügend Gleise vorhanden." Das gelte insbesondere für die Trasse Altona-Hauptbahnhof.

Leidtragende sind vor allem Pendler, die mit der "Marschbahn" auf der Hauptstrecke Sylt-Hamburg in die City wollen. Die Züge der Nord-Ostsee-Bahn (NOB) enden in Altona, weil die Verbindungstrasse zum Hauptbahnhof überlastet ist. Sie hat zwei Gleise und eine so alte Signaltechnik, dass Züge nicht in dichter Folge, sondern nur im Abstand von einigen Minuten fahren können. Der Engpass vor dem Hauptbahnhof behindert zudem das vielleicht wichtigste Pendler-projekt - eine generelle Durchfahrt der AKN-Züge von Neumünster über Kaltenkirchen bis in die City. Solche Fahrten sind laut DB-Netz AG schon "technisch" nicht machbar, weil auch die zwei S-Bahn-Gleise zum Hauptbahnhof in den Stoßzeiten überlastet sind.

Politisch ist die Durchfahrt von AKN-Zügen ohnehin umstritten. Hamburg fürchtet offenbar, dass bei einem Ausbau der Pendlerstrecken die Stadtflucht zunimmt, und bevorzugt daher innerstädtische Projekte wie die Stadtbahn.

Auf der Sparliste des Senats steht sogar ein Vorzeigeprojekt in der Metropolregion: die Durchfahrt einzelner AKN-Züge bis zum Hauptbahnhof. Das Angebot lockt Fahrgäste an, kostet aber jährlich 600 000 Euro. Hamburg zahlt 75 Prozent davon und möchte Schleswig-Holstein stärker zur Kasse bitten. Einigen sich die Länder nicht, wird das Angebot Ende des Jahres eingestellt.