Die Umweltbehörde plant eine Wiederholung des autofreien Sonntags schon am 20. September. Unklar ist, ob die Geschäfte dann offen sind.

An den meisten Tagen im Jahr rauschen dort auf vier und mehr Spuren Pkw und Lkw vorbei, Lärm und Abgase prägen die Willy-Brandt-Straße in der Altstadt. Ganz anders gestern, beim autofreien Sonntag in Hamburg. Plötzlich waren dort Vögel zu hören. Manchmal das Geräusch einer anfahrenden U-Bahn, ein paar Sprachfetzen von Spaziergängern, die vorbeigehen - mehr nicht. Für einen Tag war die viel befahrene Ost-West-Achse zum Flanier-Boulevard mutiert.

"Ein voller Erfolg", sagt Volker Dumann, Sprecher der Umweltbehörde, die zum - ansonsten freiwilligen - autofreien Sonntag drei Hauptverkehrstraßen in der City für den Autoverkehr hatte sperren lassen. Etwa 300.000 bis 500.000 Besucher waren nach ersten Schätzungen der Behörde zu diesem bisher fünften autofreien Sonntag in der Innenstadt gekommen, in der gleichzeitig diesmal auch ein verkaufsoffener Sonntage stattfand. Offenbar eine Kombination, die für beide Aktionen den Erfolg brachte, obwohl sie eher zufällig entstanden war: "Schon um 13 Uhr waren die Geschäfte viel besser besucht als bei anderen verkaufsoffenen Sonntagen", sagte City-Managerin Brigitte Engler.

Mit dazu dürfte beigetragen haben, dass die Busse und Bahnen des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV) an diesem Tag kostenlos waren. Etwa 50 Prozent mehr Kunden als an anderen Sonntagen registrierte der HVV. Und vor allem aus dem südlichen Umland hatte die Kombination aus autofrei und verkaufsoffen für einen Sturm auf die Stadt gesorgt. Die Metronomzüge von Stade und Lüneburg waren, laut Umweltbehörde zu 100 Prozent ausgelastet. So viel wie in sonst im Berufsverkehr.

Autofahrer, die dennoch mit dem Auto gekommen waren, mussten indes einen Weg um die Absperrungen herum finden und sich durch die Nebenstraßen quälen. Staus gab es vor allem an der Sechslingspforte, wo ausgerechnet am Sonntag auch eine Kreuzung asphaltiert wurde. Und für manche auswärtigen Autofahrer erwies sich die autofreie Zone als Falle: so zum Beispiel für das Ehepaar Schöttler aus Koblenz. Auf der Durchreise zur Ostsee hatten sie bei ihrer Tochter übernachtet und landeten am Morgen nahe der Petrikirche vor einer Absperrung. "Wir kommen hier wohl nicht mehr raus", sagte Gabriele Schöttler resignierend, als ihr die Ordner dort auch keinen Weg hinaus weisen konnten.

Während die Sperrung für manche zum Ärgernis wurde, freuten sich viele andere: Familie Kunze aus Eimsbüttel kam beispielsweise nur deshalb, "weil die Kleinen endlich einmal mitten in der Stadt Fahrrad fahren können", wie Vater Stephan Kruse (37) sagte. Und der Schachclub Hamburg hatte die freie Willy-Brandt-Straße kurzerhand zum öffentlichen Turnierfeld gemacht. "Wunderbar, wie sich hier die Menschen die Stadt vom Auto zurückerobern können", sagte Schachtrainer Wilfried Rühr (60). Viktoria Kaufmann (21) und Johannes Grabowski (28) nutzten den Tag hingegen für einen Stranddrink mitten auf der Straße: An der Brandstwiete hatte der Beach-Club Hamburg del mar zwischen den vielen Infoständen und Bio-Würstchenbuden einen kleinen Strand samt Palmen aufgebaut. Grabowski: "Autofrei - das müsste es eigentlich jeden Sonntag in Hamburg geben."

Doch da traut sich die Stadt offensichtlich nicht heran: Selbst bei der Straßensperrung war der schwarz-grüne Senat, anders etwa als Hannover, vorsichtig vorgegangen und hatte eben nur etwa drei Kilometer Straße und nicht die gesamte Innenstadt gesperrt. "Wir wollen mit dieser Aktion zunächst das Bewusstsein schärfen, dass man sich auch anders in der Stadt fortbewegen kann und gleichzeitig etwas für den Klimaschutz tut", so Umweltsenatorin Anja Hajduk (GAL). Zudem sei die Zahl der autofreien Sonntage in Hamburg eben erst von vier auf zwei pro Jahr reduziert worden: "Dafür aber mit größerem Aufschlag und mehr Aktionen."

Den nächsten autofreien Sonntag soll es am 20. September in Hamburg geben. Ob wieder mit geöffneten Geschäften, sei noch offen, so Behördensprecher Dumann: "Aber wir können uns das sehr gut vorstellen."