Überfälle in Kiezkneipen, Verbrecherjagd durch die Speicherstadt, Waffenschmuggel im Hafen. Das ist in Hamburg alltäglich. Zum Glück nur im Fernsehen.

Mit Serien wie "Tatort", "Großstadtrevier" und "Notruf Hafenkante" ist Hamburg Deutschlands Krimi-Hauptstadt. Aber nicht nur das: In der Hansestadt wird auch Filmgeschichte geschrieben. Angefangen mit Fritz Langs "Die Spinnen", gedreht in Hagenbecks Tierpark. Damals, 1919, sah es sogar noch so aus, als würde in Stellingen ein zweites Babelsberg entstehen. Doch die Pläne für die Filmstudios zerschlugen sich. Dennoch ist der Drehort Hamburg international beliebt, kommen Filmteams hierher, weil vieles möglich gemacht wird. Zum Beispiel Filmszenen auf dem denkmalgeschützten Bunker an der Feldstraße oder ein Fußballspiel gegen die Damen-Nationalmannschaft für den britisch-deutschen Spielfilm "Kick it like Beckham" (2002) mit Keira Knightley. Und natürlich immer wieder: der Hafen, dem Regisseure "poetische Schönheit" zuschreiben.

Nach Berlin und München hat jetzt auch die Hansestadt endlich ihren Filmführer. Dem "Drehort Hamburg" haben die Autoren Simone Utler und Markus Münch, beide Jahrgang 1974, nun ein gleichnamiges Buch gewidmet: Sie besuchten 30 Orte, wo berühmte Filme entstanden, darunter "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins", "Der amerikanische Freund", "Schtonk" und "Chiko". Die Idee kam der Journalistin auf der Suche nach einer alternativen Stadtführung: "Mich besuchen häufig Freunde in Hamburg. Und ich wollte irgendwann nicht mehr immer das Gleiche über das Rathaus und den Hafen erzählen. Eine Stadt über berühmte Filmplätze zu entdecken ist doch eine spannende Sache!" Das gilt übrigens nicht nur für Touristen. Die Video-Bustour "Filmstadt Hamburg - Das rollende Kino" wird laut Veranstalter Jasper Reisen überwiegend von Hamburgern besucht, was die große Verbundenheit der Einwohner mit ihrer Stadt zeigt. Start ist der ZOB, von dort geht es in die Innenstadt, vorbei am Rathaus, in dessen Festsaal Szenen des Uni-Dramas "Der Campus" gedreht wurden (weil die tatsächlichen Räume der Universität Regisseur Sönke Wortmann "zu popelig" waren). Weiter geht es zur Hamburg Messe: zu einem Glaskuppeldach, das im Film "Schtonk!" (1992) von Helmut Dietl kurzerhand als Verlagshaus diente, in dem die gefälschten Hitler-Tagebücher verlegt wurden. Höhepunkt jeder Tour ist das Hotel Atlantic, das durch den James-Bond-Film "Der Morgen stirbt nie" (1997) weltberühmt wurde. Die Präsidenten-Suite, in der Pierce Brosnan residierte, heißt seitdem nur noch James-Bond-Suite. Dass das Filmteam ausgerechnet in die Hansestadt kam, ist dem Parkhaus von Saturn an der Mönckebergstraße zu verdanken. Der Regisseur suchte eine attraktive Parkhausfassade mitten in der City. Die spektakulären Innenaufnahmen entstanden wiederum in einem Londoner Parkhaus. Im Film ist eben immer mehr Schein als Sein ...

Aber nicht nur Alster und Hafen sind beliebte Drehorte. Christiane Scholz von der Filmcommission Hamburg Schleswig-Holstein veranstaltet regelmäßig Location-Touren für Regisseure auf der Suche nach originellen Schauplätzen. Und so finden viele Dreharbeiten mittlerweile auch in Wilhelmsburg, Bergedorf und Hammerbrook statt. Der Gangsterfilm "Chiko" von 2008 beispielsweise spielte hauptsächlich in Mümmelmannsberg. Dass Filmteams so zahlreich nach Hamburg kommen, ist auch der Filmförderung zu verdanken. Sie unterstützte etwa "Kick it like Beckham" mit damals 750 000 Mark. Im Gegenzug sorgte die deutsche Produktionsleiterin Claudia Blümel dafür, dass originelle Schauplätze wie der Rathausmarkt oder eine Barkassenfahrt über die Fleete gut zur Geltung kommen - und auch andere Filmproduktionen auf den Drehort Hamburg aufmerksam werden. "Vergangenes Jahr haben wir knapp 90 Produktionen in Hamburg gezählt", sagt Christiane Scholz. Allein durch die geförderten Projekte flossen rund 6,8 Millionen Euro in die Kassen. Soll noch einmal jemand behaupten, Hamburg sei nicht filmreif!

"Filmstadt Hamburg - das rollende Kino" von Jasper Reisen startet das nächste Mal am 28. Juni um 13.30 Uhr ab ZOB. Die dreistündige Tour kostet für Erwachsene 26 Euro, für Kinder unter 14 Jahren 13 Euro. Anmeldung unter www.jasper.de