5000 Jugendliche versetzten die Insel am Wochenende in Ausnahmezustand. Es gab zahlreiche Randalierer, eine Festnahme. Polizei und Stadtreinigung hatten alle Hände voll zu tun.

"Wo bin ich, und was mach ich hier?" Die Sinnfrage eines Gastes kurz vor dem Alkoholkollaps hatte Symbolcharakter für eine Party, die nach dem Prinzip "Flashmob" (kein Veranstalter, jeder kann teilnehmen) so medienwirksam begann - und so trostlos endete. Rund 5000 Jugendliche aus Hamburg und Schleswig-Holstein hatte der Internet-Aufruf von Christoph Stüber aus Busdorf am Sonnabend nach Sylt gespült. Aber ebenso schnell, wie die Begeisterung im Internet aufbrandete, ebbte sie auch wieder ab: Die laut Polizei "größte Beachparty an der Westküste" - sie war nach gut zwei Stunden schon wieder vorbei.

Dabei hatten sich 13 000 Gäste der virtuellen Gruppe "Alle Mann nach Westerland" angeschlossen, um mit dem 26-jährigen Christoph eine "fette Strandparty" zu feiern. Die nahm für die meisten Gäste schon während der Anreise vom Festland Fahrt auf: Wodka, Jägermeister, Cola-Korn und jede Menge Bier sorgten im Zug von Niebüll nach Westerland für Krawallstimmung. Die mitreisenden Polizisten, die mit Rufen wie "Ihr könnt nach Hause gehen" und "Feiglinge" bedacht wurden, nahmen es gelassen: "Heute herrscht Ausnahmezustand", sagte ein Polizist. "Deshalb dürfen die Partyteilnehmer auch am Strand schlafen. Normalerweise würden wir alle Leute einsammeln."

Die breite Masse kam in überfüllten Zügen am frühen Abend, zum großen Teil bereits schwer alkoholisiert, am Bahnhof von Westerland an. "Ich will zurück nach Westerland" und "An der Nordseeküste" krachte aus vereinzelt mitgebrachten Gettoblastern. Überall liefen Leute mit "Danke Stüber"-T-Shirts herum. Gegen 20 Uhr sprach der Busdorfer zu seiner Partygemeinde vom Dach eines Reisebusses aus: "Wir werden ein Fest erleben, das Sylt noch nie gesehen hat. Ganz Deutschland ist auf uns gerichtet, und ihr seid ein Teil des Ganzen", formulierte Stüber etwas eigenwillig. Riesenejohle, begleitet von fliegenden Flaschen und Raketen. Stüber weiter: "Ich habe eine Scheißzeit hinter mir. Heute bin ich wieder da." Der 26-Jährige feierte keinen Geburtstag, sondern sein Comeback. Nachdem sich seine Freundin von ihm getrennt hatte, hatte er eigentlich nur eine Party mit rund 100 Bekannten feiern wollen und dazu einen Aufruf bei "mein VZ" gestartet.

Von der überwältigenden Reaktion war er selbst überrascht. Sein größter Wunsch sei eine "friedliche Strandparty, ohne die Ordnungshüter in Anspruch zu nehmen". Dieser Wunsch ging nicht in Erfüllung. Vielmehr nutzten die Partygäste die Veranstaltung, um sich mal wieder so richtig auszusauen. Innerhalb kürzester Zeit waren Bahnhofsplatz und Friedrichstraße ein einziger Müll- und Scherbenhaufen. "Hey, was geht ab? Wir feiern die ganze Nacht!" - mit diesem angesichts niedriger Temperaturen mutigen Plan zog der Partymob laut grölend durch die Fußgängerzone. Passanten standen teils fasziniert, teils fassungslos am Straßenrand. Viele guckten sich das Spektakel von ihrem Balkon oder einer der Kneipen aus an. Das Hotel Miramar hatte seinen Strandabschnitt sperren lassen, um Scheibeneinschlag zu verhindern. Ein Schild "Geschlossene Gesellschaft" sollte vor ungebetenen Gästen schützen. Im Hotel Monbijou war das Portal aus Sicherheitsgründen verriegelt. Läden, die normalerweise bis 20 Uhr geöffnet haben, hatten ihre Türen bereits um 16 Uhr geschlossen.

Stüber, der schon am frühen Nachmittag mit dem Zug aus Schleswig angereist war, hatte zwar mit 5000 Teilnehmern gerechnet, sich jedoch um nichts gekümmert. Auf die Frage, was denn am Strand geplant sei, antwortete er: "Nichts, ich war noch gar nicht da." Dagegen hatten sich Behörden und Polizei bereits Tage zuvor auf den "Ernstfall" vorbereitet. Am Sonnabend unterstützten 90 Einsatzkräfte aus Eutin die 36 Insel-Polizisten und hatten laut Husumer Polizei alle Hände voll zu tun. "Besonders erschreckend waren die hohe Anzahl der erheblich alkoholisierten Teilnehmer und das damit verbundene Aggressionspotenzial", sagte ein Sprecher. Es kam zu einer Reihe von Körperverletzungen und Sachbeschädigungen. Zudem sei ein halbes Dutzend Besucher wegen Trunkenheit hilflos gewesen und habe in Gewahrsam genommen werden müssen. Gegen 22 Uhr kam es zu einer Schlägerei, bei der eine Person verletzt wurde. Die Rettungssanitäter waren im Einsatz, um Schnittverletzungen durch herumliegende Flaschen zu behandeln. Rettungsschwimmer sorgten dafür, dass Betrunkene, die sich todesmutig ins Meer gestürzt hatten, nicht untergingen.

Keine Musik, leere Bierdosen, schlechte Stimmung - aus Frust verließen viele Gäste die Insel schon wieder gegen 22 Uhr. Sylt atmete auf. Die Party ist überstanden. Und hat für Stüber möglicherweise ein Nachspiel: Es wird geprüft, ob er haftbar gemacht werden kann.