Vor 150 Jahren wurde das Altonaer Kinderkrankenhaus gegründet - um den oft in bitterster Armut lebenden Arbeiterfamilien helfen zu können.

"Die Säuglinge lagen im Kinderkorb mit einem dicken Federbett zugewickelt, neben dem heißen Ofen, damit sie sich ja nicht erkälten. Ein kümmerliches kleines Wesen lag da. Wenn es eine starke Natur hatte, ist es durchgekommen. Und wenn es gestorben ist, so hat der Vater gesagt: ,Naja, es ist halt ein Engel geworden, da machen wir nächstes Jahr wieder eins.'"

Zeitzeugenberichte wie diese über die Zustände in der Mitte des 19. Jahrhunderts schilderten keine Extremfälle. Es war der Normalfall.Viele Menschen lebten in tiefer Armut, Kinder waren oft nur lästige Mitesser, die so schnell wie möglich ins Arbeitsleben eingebunden wurden. Dass Menschen diese Zustände anprangerten und versuchten, Abhilfe zu schaffen, gab es damals aber auch schon.

Vor genau 150 Jahren, am 24. Mai 1859, wurde das Altonaer Kinderkrankenhaus gegründet - um die Not vor Ort zu lindern, so gut es ging. Die Ausbreitung von Krankheiten wie Tuberkulose, Diphtherie und Rachitis und die hohe Kindersterblichkeitsrate standen in engem Zusammenhang mit den teilweise katastrophalen Wohnverhältnissen im alten Altona. Im Jahr 1859 hatte das Altonaer Unterstützungsinstitut eine Studie in Auftrag gegeben - Titel: "Die Wohnungsverhältnisse der kleinen Leute in Altona - Vorschläge zur Verbesserung derselben". Darin wird für die Arbeiterwohnungen in der Stadt unter anderem gefordert, sie müssten "die Möglichkeit des Zutritts der frischen Luft und des Lichtes" haben, außerdem "die Möglichkeit des Abflusses des Wassers und des Unraths". Außerdem drängten die Verfasser unter anderem darauf, dass die Wohnungen durch einen "guten Verschluss nach Außen" trocken sein müssten und dass die Schlafräume ein Fenster haben sollten.

Die Wirklichkeit sah anders aus.

Die meist nur aus einem Zimmer bestehenden Wohnungen in den Hinterhöfen waren oft kalt, dunkel und feucht. Binnen weniger Jahre war der überwiegende Teil Altonas zu einer Arbeiterwohnstadt geworden. Hatte die Bevölkerungszahl 1867 noch bei 67 300 Menschen gelegen, sind es 1885 schon 104 700. Viel Arbeit für das neue Krankenhaus.

Die Anfänge waren bescheiden: Mit nur sechs Betten eröffnete das "Hospital" an der Großen Wilhelminenstraße, Altona war damals noch dänisches Staatsgebiet.

Der "Verein Altonaer Kinder-Hospital" hat in seinen regelmäßigen Berichten die Krankheitsfälle und die Behandlungsmethoden dokumentiert. Zu den Operationen gehörten "Knochenaufmeißelungen und Eröffnung tuberkulöser Knochen- und Weichteilherde". Auch "Auskratzungen von Rachenwucherungen" und "Klumpfußoperationen" standen auf dem Programm. Für Narkosen gab es Chloroform und Äther, zum Teil wurde bei Betäubungen auch "Cocain" eingesetzt.

Dass die hohe Todesrate bei Kindern (1870 starben in Deutschland von 1000 Kindern noch fast 250) schrittweise gesenkt werden konnte, geht ganz entscheidend auf Einrichtungen wie das AKK zurück, die kranke Kinder nicht nur behandelten, sondern die Eltern in Säuglingspflege und -ernährung unterwiesen. Denn viele Babys erkrankten und starben, weil sie gar nicht oder nicht ausreichend gestillt wurden, oder weil man ihnen kurzerhand Kuhmilch verabreicht hatte. Außerdem arbeitete das Kinderkrankenhaus eng mit den städtischen Stellen bei der Armenfürsorge zusammen. Um 1910 war die Kindersterblichkeit auf 160 pro 1000 gesunken, 1930 lag sie bei unter 100 - heute bei vier.

1914 bezog das Krankenhaus seine Räume an der Bleickenallee (damals Treschkowallee). Die Stadt Altona hatte sich mit 100 000 Mark beteiligt, etliche Spenden waren hinzugekommen. So übernahm der Unternehmer Richard von Donner die Kosten für das Säuglingsheim. Die Zahl der kleinen Patienten stieg ständig: Waren im Jahr 1888 noch 173 Kinder stationär behandelt worden, sind es heute 10 000 im Jahr, die von rund 500 Beschäftigten betreut werden. Rund 40 000 Kinder werden jährlich ambulant versorgt.

Die Geschichte des AKK verlief sehr wechselhaft - was seiner Effizienz aber nie geschadet hat. Zweimal - nach den beiden Weltkriegen - wandte die Geschäftsführung die drohende Verstaatlichung ab. Immer wieder waren es wohlhabende Altonaer, die "ihrem" Kinderkrankenhaus mithilfe von Spenden über die Runden halfen. Damit bewahrheitete sich, was auf dem Schlussstein der alten Gemäuer steht, der noch heute in der Eingangshalle zwischen zwei Säulen bewahrt wird. Dort heißt es unter anderem: "(...) mögen wie bisher wohlgesinnte Bürger der Stadt Altona bereit sein, ihre Kräfte dem Volkswohl zu widmen (...)". Über Jahrzehnte ging alles gut, aber im Jahr 2003 war der Bestand des AKK aufgrund einer wirtschaftlichen Schieflage massiv gefährdet. Die Lösung brachte damals der Zusammenschluss mit dem UKE über die AKK Altonaer Kinderkrankenhaus GmbH. Seit 2005 wird das AKK als eigenständige Klinik unter dem Dach des UKE geführt.