Wolfgang Kopitzsch erringt 26 von 51 Stimmen - auch die zwei Ex-GALier stimmen für ihn. Frust bei CDU und GAL.

Wolfgang Kopitzsch ist neuer Leiter des Bezirksamts Hamburg-Nord. Er errang gestern Abend bei der mit Spannung erwarteten geheimen Wahl 26 Stimmen - eine mehr als der von CDU und GAL nominierte Thomas Fiebig. Damit hat das Bezirksamt nach einer knapp einjährigen Vakanz jetzt einen neuen Leiter - einmal mehr einen Sozialdemokraten. Kopitzsch war offiziell von SPD, Linken und FDP unterstützt worden. Schließlich ist es ihm auch gelungen, die Stimmen der beiden "Nordabgeordneten" Siegfried ("Sigi") Diebolder und Dorle Olszewski zu bekommen, die ihre Entscheidung bis zuletzt geheim gehalten hatten.

Nach der Wahl bekannten beide offen, für Kopitzsch gestimmt zu haben. "Wir fanden Herrn Fiebig auch sehr gut, aber entscheidend war, dass Herr Kopitzsch so viel Verwaltungserfahrung hat", sagte Olszewski. Die Bilanz des sichtlich gestressten Diebolder: "Heute war für mich ein fürchterlicher Tag." Während die zwei von verschiedenen SPD-Politikern geradezu gefeiert wurden, reagiert der Fraktionsvorsitzende der Nord-GAL, Holger Koslowski, empört auf das Verhalten von Diebolder und Olszewski. "Jetzt zeigen sich die wahren Gründe für den Fraktionsaustritt der beiden", so Koslowski, "es wurde die Chance vertan, im Bezirk aktiv grüne Politik mitzugestalten." Koslowski forderte Diebolder und Olszewski auf, ihre Mandate an die GAL zurückzugeben. Während des Wahlgangs hatten sich die ehemaligen Parteifreunde und jetzigen Kontrahenten keines Blickes gewürdigt. Auch sonst ging es im völlig überfüllten Sitzungssaal des Bezirksamtes hoch emotional zu. "Liberale und Linke in einem Boot, wie soll das denn funktionieren", schimpfte Ekkehart Wersich (CDU), und Andreas Wankum (CDU) fragte: "Was ist bloß mit dieser FDP los?" Die Mitglieder der Fraktion der Linken gratulierten dagegen: "Nicht der radikale Vertreter des Wirtschaftsflügels der Union wird die Bezirksverwaltung leiten, sondern jemand der gelernt hat, dass Bürger und Mitarbeiter Rechte haben", sagte der Fraktionsvorsitzende Peter Heim. Die Linke reagierte damit auf die Tatsache, dass Thomas Fiebig zuletzt Manager bei Hansenet war.

Der CDU-Kreischef von Hamburg-Nord, Christoph Ahlhaus, überreichte dem enttäuschten Thomas Fiebig einen Blumstrauß, während wenige Meter entfernt Ex-Bezirksamtsleiter Matthias Frommann (SPD) zufrieden seinem Nachfolger gratulierte.

Wolfgang Kopitzsch zeigte sich unterdessen zuversichtlich, dass er mit den völlig unterschiedlichen Partnern arbeiten könne (siehe Beistück).

Die Wahl war so spannend geworden, weil CDU und GAL mit Thomas Fiebig erst im letzten Moment einen eigenen Kandidaten ins Rennen geschickt hatten, der sich seitdem um das Interesse der Abgeordneten bemühte. Noch am Mittwochabend hatte sich Fiebig mit Diebolder und Olszewski getroffen und für sich geworben. Die Nord-FDP hatte ihm, wie berichtet, diese Chance gar nicht erst gegeben.

Nach der Bürgerschaftswahl hatten CDU und GAL ursprünglich eine Stimme Mehrheit in der Bezirksversammlung. Mit dem Austritt von Diebolder und Olszewski aus der GAL-Fraktion (sie machten danach als Nordabgeordnete weiter) war diese Mehrheit weg.