Der schwedische Energiekonzern klagt gegen die strengen Auflagen. Jetzt scheint eine außergerichtliche Einigung im jahrelangen Konflikt möglich. Aber die Technik ist teuer.

Es kommt Bewegung in den Streit um das Kohlekraftwerk Moorburg. Nach monatelanger Funkstille reden Mitarbeiter des Energiekonzerns Vattenfall und der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) wieder miteinander. Und wie es scheint, ziemlich erfolgreich - jetzt wird sogar eine außergerichtliche Einigung im Konflikt nicht mehr ausgeschlossen. Es geht unter anderem um die strengen wasserrechtlichen Umweltauflagen der Behörde. Die mögliche Lösung ist nach Informationen des Abendblatts ein sogenannter Hybrid-Kühlturm (siehe unten). Eine entsprechende Skizze des Energieunternehmens ist in der Behörde seit Ende März bekannt, heißt es aus der BSU. Ein Antrag liege bisher aber noch nicht vor.

Schon dass Vattenfall eine solche Lösung prüft, ist überraschend. Entsprechende Anfragen von Umweltschützern im Genehmigungsverfahren waren vom Konzern immer abgewiegelt worden. Bisher - und so wurden die Anträge bei der BSU auch eingereicht - wollte Vattenfall das Kraftwerk mithilfe einer Durchlaufkühlung betreiben. Dabei wäre Wasser aus der Elbe entnommen und später erwärmt wieder in den Fluss geleitet worden. Die BSU hatte in ihren Auflagen unter anderem die Menge des Kühlwassers aus der Elbe beschränkt. Das würde dazu führen, dass das Kohlekraftwerk an 250 Tagen im Jahr mit gedrosselter Leistung gefahren werden müsste. Nach Ansicht von Vattenfall sei ein wirtschaftlicher Betrieb dadurch nicht mehr möglich. Das Unternehmen klagte gegen die Auflagen.

Zurzeit wird zwischen beiden Häusern nach einem Termin gesucht, bei dem der schwedische Energiekonzern die neuen Pläne vorstellen soll. BSU-Sprecher Volker Dumann sagte auf Abendblatt-Anfrage: "Wir wollen das Konzept des Konzerns sehen, um die Pläne im Anschluss bewerten zu können. Darüber sind wir gerade im Gespräch." Von Vattenfall hieß es offiziell: "Wir prüfen verschiedene Möglichkeiten, das Kraftwerk unter den Voraussetzungen der wasserrechtlichen Genehmigung zu betreiben", so Sprecherin Sabine Neumann. Der Hybrid-Kühlturm sei eine dieser Varianten. Es gebe im Unternehmen aber noch keine abschließende Entscheidung darüber. Wohl aber sei man im Gespräch mit der BSU.

Aus Kreisen beider Verhandlungspartner ist zu hören, eine Einigung auf den Bau dieses Kühlturms könnte der endgültige Durchbruch im jahrelangen Streit zwischen Stadt und Unternehmen sein. Umweltsenatorin Anja Hajduk (GAL) wollte sich zu diesem Zeitpunkt der Gespräche noch nicht zu dem Thema äußern.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) meint, der Hybridkühlturm sei "in puncto Gewässerökologie durchaus ein Fortschritt", da kaum Elbwasser angesaugt und später erhitzt wieder in die Elbe geleitet wird, sagte Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. Auch habe ein solcher Hybridkühlturm "zweifellos aufgrund seiner relativ geringen Höhe und wegen der geringen Nebelbildung Vorteile gegenüber konventionellen Kühltürmen". Allerdings seien die Technik teuer und der Energieverbrauch hoch, sodass sich der Gesamtwirkungsgrad des Kraftwerkes verringere, so Braasch. "Käme dann noch die von Vattenfall angekündigte Kohlendioxid-Abscheidung dazu, würde der Wirkungsgrad auf unter 35 Prozent sinken - effiziente und moderne Kraftwerkstechnik sieht anders aus", sagte der Umweltfachmann. Und auch an der "grundsätzlichen Klimaschädlichkeit von Kohlekraftwerken" ändere ein Hybridkühlturm gar nichts.

Wann genau eine Entscheidung über den Hybridkühlturm fällt, können weder Behörde noch Vattenfall sagen. Ein möglicher Standort auf dem Moorburger Gelände wäre wohl schon gefunden. So prüft Vattenfall nach Abendblatt-Informationen den Abriss der Gasturbine auf dem Kraftwerksgelände.

Vor allem die Finanzierungsfrage dürfte dem schwedischen Unternehmen aber noch Kopfzerbrechen bereiten - Vattenfall müsste einen hohen zweistelligen Millionenbetrag in den Bau eines solchen Hybridkühlturms investieren. Zu den Kosten wollte sich Vattenfall-Sprecherin Sabine Neumann gestern nicht äußern.

In den zusätzlichen Kosten vermuten Verwaltungsexperten auch den Grund für die Vattenfall-Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem internationalen Weltbank-Schiedsgericht ICSID in Washington (wir berichteten). Die Vermutung der Fachleute: Vattenfall geht dort gegen die Umweltauflagen der Behörde vor, um in einem Vergleich zu erreichen, dass der Bund die Kosten für den Kühlturm übernimmt.