2006 kamen auf jede Stelle 23,16 Fälle - heute sind es 7,5 Prozent mehr. 113 zusätzliche Mitarbeiter seit 2001.

Mehr Stellen für den Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) und eine geringere Fallbelastung der einzelnen Mitarbeiter - das waren die Forderungen nach dem Hungertod von Jessica aus Jenfeld im Jahr 2005. Jetzt zeigt sich: Trotz zusätzlicher Stellen ist die Belastung der einzelnen ASD-Mitarbeiter seit 2005 sogar noch weiter gestiegen. Das hat eine Anfrage der SPD-Abgeordneten Carola Veit im Zuge der Untersuchungen um den Tod der neun Monate alten Lara aus Wilhelmsburg ergeben. Lara war trotz Betreuung der Familie durch ASD-Mitarbeiter gestorben. Das vorläufige Obduktionsergebnis hatte ergeben, dass Lara unterernährt, ihr Körperfettanteil nahezu aufgebraucht war.

Laut Anfrage kamen mit Stichtag 30. Juni 2006 insgesamt 6150 Fälle "Hilfen zur Erziehung" auf 265,56 Stellen. Das heißt, im Schnitt 23,16 Fälle pro Stelle. Im Jahr 2008 waren es 8150 Fälle bei 327,68 Stellen. Pro Stelle ergibt das eine Fallzahl von 24,87 - ein Anstieg von 7,5 Prozent. In Wahrheit liegt diese Zahl nach Angaben der Opposition noch höher, denn nicht alle der vorhandenen Stellen seien damals besetzt gewesen. SPD-Sozialexpertin Carola Veit nennt das einen "Skandal". Schon nach Jessicas Tod hätten sämtliche Parteien festgestellt, "dass es beim ASD vorne und hinten nicht reicht".

Mit den Zahlen konfrontiert, heißt es aus der Sozialbehörde: "Im Rahmen einer Qualitätsoffensive und zur Entlastung der Mitarbeiter" sei der Stellenbestand beim ASD seit Regierungswechsel 2001 "massiv aufgestockt" worden. Heute seien "113 und damit 49 Prozent mehr ASD-Stellen besetzt als noch 2001", teilte Sprecherin Jasmin Eisenhut mit. Zu gestiegenen Fallzahlen pro ASD-Mitarbeiter äußerte sie sich nicht.

Nach Behördenangaben seien von den im Januar von Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) angekündigten 30 zusätzlichen ASD-Stellen bereits 20 Stellen besetzt.

Trotzdem spricht Martina Kaesbach (FDP) von einer "desolaten Gesamtsituation" des ASD in Hamburg. Die Allgemeinen Sozialen Dienste seien "seit Langem mehrheitlich überlastet" und "strukturell unterbezahlt".

Kritik, die auch Mittes Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) schon häufiger formuliert hat. Es sei sehr schwierig, für das gebotene Gehalt gutes und qualifiziertes Personal zu finden, das bereit ist, die hohe Arbeitsbelastung und die damit verbundene Verantwortung zu tragen, so Schreiber. Dazu Behördensprecherin Jasmin Eisenhut: "Die Einstufung der ASD-Mitarbeiter erfolgt nach bundesweit gültigen Tarifen. Zuständig in Hamburg ist die Finanzbehörde."

Unterdessen haben sich Sozialsenator Dietrich Wersich und Bezirksamtsleiter Markus Schreiber mit Mitarbeitern der Fachbehörde und des Jugendamts im Rathaus getroffen, um über den Fall des gestorbenen Babys Lara zu sprechen. Im Anschluss betonten sie ihr "gemeinsames Aufklärungsinteresse". Sie verwiesen darauf, dass "notwendige Dinge für den Kinderschutz in Hamburg bereits geregelt" seien. Die zentrale Frage sei, ob die Reglungen im Fall von Lara bei den Jugendämtern und Trägern fachlich richtig angewendet wurden.

Sozialsenator Dietrich Wersich kündigte im Januar 30 zusätzliche Stellen an. 20 sind bereits besetzt.