Der Koreanische Konzern siedelt seine Forschung und Entwicklung für Windturbinen an der Elbe an. Büros ziehen nach Hammerbrook.

Hamburg. Es war nur einer von vielen Terminen an diesem Tag. Aber er hatte es in sich. In Seoul kam Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) mit Topmanagern des größten südkoreanischen Konzerns Samsung zusammen. Und worüber in der Hansestadt schon seit Monaten spekuliert wurde, ist nach Abendblatt-Informationen nun perfekt: Samsung Heavy Industries wird seine europäische Forschungs- und Entwicklungszentrale für die Windindustrie in Hamburg eröffnen. In einem ersten Schritt ziehen zehn Beschäftigte in Büros nach Hammerbrook. Mittelfristig planen die Asiaten 150 Arbeitsplätze an der Elbe. Im Gespräch für die Zentrale waren auch Standorte in England und Schottland. Doch ganz offensichtlich konnte Hamburg die Koreaner mit seiner in den vergangenen Jahren stark ausgebauten Kompetenz bei den erneuerbaren Energien - speziell in der Windkraft - überzeugen.

+++ Erfolg für die Wirtschaftspolitik +++

Die Hansestadt gilt als die Windenergie-Metropole Europas. Mehr als 5000 Beschäftigte sind in diesem Bereich mittlerweile tätig. Unternehmen wie Siemens, Nordex, General Electric, Vestas, Repower oder Dong Energy stehen für das boomende Windgeschäft an der Elbe. Mit Samsung kommt nun das erste asiatische Schwergewicht dazu. Derzeit wird noch am Termin für die Eröffnungszeremonie in der City Süd gefeilt. Und möglicherweise wird schon bald der nächste koreanische Konzern eine Forschungsabteilung für Windkraft nach Hamburg verlegen. Hyundai Heavy Industries steht in den Startlöchern. "Es hat sehr gute Gespräche hier in Korea gegeben", sagte der Chef des Industrieverbandes Hamburg (IVH), Michael Westhagemann, der gemeinsam mit Horch und anderen Vertretern der Hamburger Wirtschaft an einem Treffen mit den Koreanern teilnahm. "Auch Hyundai hat großes Interesse an Hamburg gezeigt", sagte Westhagemann. Noch in diesem Jahr wollen Manager des Konzerns die Hansestadt besuchen und sich vor Ort von den Standortbedingungen überzeugen.

Und die haben sich in den vergangenen Jahren offensichtlich stark verbessert. Denn nicht nur in der Windkraft, sondern bei allen regenerativen Energien erlebt Hamburg einen kaum für möglich gehaltenen Aufschwung. Nach einer jüngst vorgelegten Studie des Forschungsinstituts Prognos arbeiten in der Stadt mittlerweile 14 500 Menschen in diesem Zukunftsbereich. In der Metropolregion sind es sogar fast 25 000 Beschäftigte in fast 1500 Unternehmen. Diese Firmen wollen in den kommenden Jahren ihr Personal nochmals kräftig aufstocken, um rund 40 Prozent bis 2015. Neuansiedlungen wie Samsung sind hier noch nicht einmal berücksichtigt. Die regenerativen Energien könnten so zum dritten wichtigen ökonomischen Standbein der Stadt neben der Hafenwirtschaft und der Luftfahrtindustrie werden.

+++ Grüße vom Papa +++

Wie groß das Interesse in Fernost nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima an erneuerbaren Energien ist, kann die 40-köpfige Hamburger Wirtschaftsdelegation auf ihrer großen Asienreise beinahe täglich spüren. In Japan war ein von der Hamburger Wirtschaftsbehörde veranstaltetes Symposium zur grünen Technologie bis zum letzten Platz ausgebucht. In Korea kam nahezu kein offizielles Gespräch ohne Fragen der Gastgeber zur Wind- und Sonnenenergie aus. "Man spürt in den beiden Ländern eine besonders große Offenheit für grüne Technologien", sagt IVH-Chef Westhagemann. Gerade Südkorea wolle von Deutschland in diesem Bereich lernen und zwar schnell. Auch die Koreaner spürten, dass mit der regenerativen Energie eine neue "industrielle Revolution" in Gang gesetzt werde. Da wollten sie nicht abseits stehen.

Dass Korea ökonomisch längst nicht mehr vom Rande aus zuschaut, sondern in vielen Branchen international aktiv vorn mitspielt, sieht man bei der Fahrt durchs Land. Modernste Handys, Computer und sogar Autos sind längst made in Korea. Allerdings heißt für die Asiaten lernen häufig auch kopieren. So sind viele heimische Autos von ihren deutschen Pendants wie Mercedes oder BMW kaum zu unterscheiden. Nur die Plaketten auf den Motorhauben weisen bei näherer Betrachtung darauf hin, dass es sich um einen koreanischen Hersteller handelt.

Deutschlands Manager reagieren darauf mittlerweile gelassener als früher, zollen der Arbeit der Asiaten sogar zunehmend Respekt. "Die Koreaner kopieren von den Japanern und von uns, um es dann im zweiten Schritt noch besser zu machen", sagte jüngst Volkswagen-Chef Martin Winterkorn. Kooperation statt Konfrontation ist bei den Konzernvorständen weltweit Trumpf. Denn schließlich brauchen gerade die Europäer die prosperierenden Absatzmärkte in Fernost und wollen es sich mit den Asiaten nicht verderben.

+++ Auch in Südkorea wartet man auf die Elbvertiefung +++

Ähnlich sieht es auch Wirtschaftssenator Horch. Selbstverständlich weiß auch er um die Gefahr, dass neue asiatische Firmen, die sich in Hamburg ansiedeln, Technik made in Germany abkupfern. Allerdings sei diese Entwicklung nicht neu und das Erfolgsrezept der Deutschen einfach: "Wir müssen technologisch eben immer einen Schritt besser sein als die anderen", sagt Horch, der als studierter Maschinenbauer weiß, wovon er spricht.

So steht die Delegationsreise unter dem Motto "Klotzen nicht kleckern". Ein Termin folgt auf den nächsten, Zeit zum Luftholen bleibt kaum. Und immer wieder preist Horch vor asiatischen Managern und Politikern die Vorzüge Hamburgs als Zentrum für grüne Technologie. Dass der Schwerpunkt dieser zehntägigen Delegationsreise auf Japan und Korea liegt, ist dabei kein Zufall. "Es ist ein Statement, dass wir in Hamburg über China hinausdenken", sagt Horch. In den vergangenen Jahren hatte es immer wieder Kritik an der Fokussierung der Stadt auf China im asiatischen Raum gegeben. Ganz ohne das Reich der Mitte geht es dann aber doch nicht. Gestern Abend startete der Flieger von Seoul nach Shanghai - Hamburgs Partnerstadt seit dem Jahr 1986.