Ein Kommentar von Joachim Mischke

Wenn eine resolute Reederswitwe vor mehr als 100 Jahren nicht gesagt hätte: "Mir doch egal, dieses Geeiere vom Senat, wir machen das jetzt", wäre Hamburg um eine Musikhalle ärmer. Ähnliches galt bei der Weichenstellung für die Elbphilharmonie. Jetzt steht eine weitere ehrgeizige Idee kulturbegeisterter Bürger in den Startlöchern: dem Rest der Welt und auch sich selbst, endlich, zeigen zu wollen, dass Hamburg eine Musikstadt mit einzigartiger Vielfalt ist. Klar ist: Käme die Komponistenmeile zwischen Michel und Laeiszhalle zustande, wäre sie eine enorme Bereicherung. Ein Kulturtouristenmagnet.

Schön am jetzigen Aggregatszustand dieser Idee - frommer Wunsch - ist: Die Politik kapiert allmählich, was auf dem Spiel steht. Der jährliche Zuschuss in geringer fünfstelliger Höhe ist immer noch kein besonders guter Witz in einer Stadt, deren neues Konzerthaus wohl eine halbe Milliarde kosten dürfte, wenn es denn einmal fertig ist. Wer so etwas Visionäres baut und sich leisten will, kann sich vor kulturhistorischer Basisarbeit mit Kleingeld nicht länger verstecken. Andere Städte wären froh, wenn sie einen einzigen Künstler wie Brahms, Mahler, Telemann oder Mendelssohn als Imagefaktor im Sortiment hätten. Hamburg hat sie alle. Sich da auf Sponsorenfinanzierung zu verlassen, das hat an der Elbe Tradition; genügen wird es auch jetzt nicht. Höchstens für eine weitere Blamage.