Mit besonderen Workshops werden Schüler auf ihre letzten Prüfungen vorbereitet. Studenten und Fachexperten unterstützen mit Praxiswissen.

Hamburg. Es ist nur ein kleiner Laut - und trotzdem sehr schwer abzugewöhnen: "Ähm". Bei Marie schleicht sich das "Ähm" ein, bei Johanna auch, und bei Sina ebenfalls in jedem zweiten Satz. Das macht sich nicht gut in der mündlichen Abiturprüfung. Füllwörter zu verwenden, das könne man abtrainieren, sagt Matti Kubisch. Der 21 Jahre alte Lehramtsstudent (Geschichte und Geografie) gehört zu den angehenden Pädagogen, die für das Programm "Studenten machen Schule" auch die drei 18 Jahre alten Schülerinnen betreuen.

Heute bereitet er zusammen mit Lena Schlesinger, die Mathe und Physik studiert, die 13. Klassen an der Irena-Sendler-Schule in Wellingsbüttel auf ihre anstehenden Präsentationsprüfungen vor, die in Hamburg zum ersten Mal Teil des mündlichen Abiturs sind.

Lars Lankow-Mischur, Oberstufenkoordinator der Stadtteilschule, hat Kubisch und seine Kollegin ins Haus geholt, "weil es mehr Gewicht hat, wenn Externe etwas zum Thema Argumentieren und Rhetorik sagen als wir Lehrer."

Das Programm "Studenten machen Schule" startete im Herbst 2010 in Hamburg - in enger Zusammenarbeit mit der Schulbehörde. "Derzeit sind 45 Lehramtsstudenten aktiv und bereiten Schüler auf die Abschlussprüfungen vor", sagt Projektleiter Fabian Peter Koch. Angeboten werden die Workshops ab Klasse 10, überwiegend würden sie von Gymnasien nachgefragt, sagt Koch. Die Kosten liegen pro Schüler bei 4,50 Euro.

Für Schlesinger und Kubisch sind die Workshops eine gute Möglichkeit, Erfahrungen vor einer Klasse zu sammeln, die Schüler wiederum gewinnen Sicherheit für ihre Prüfungen. "Achtet auf eure Körpersprache, auf eure Gestik, die Position eurer Hände und auf Sprachtempo und Rhythmus", sagt Kubisch. "Versucht, mit Akzentuierung hervorzuheben, was euch inhaltlich wichtig ist."

Dann ist es Zeit für kleine praktische Übungen. In Dreier- und Vierergruppen müssen die Schüler Kurzpräsentationen erarbeiten und vortragen. Einige wippen, andere stehen felsenfest, "Ähms" entschlüpfen allen.

Nicola Weber, Schauspielerin und Tänzerin, hat bereits vor fünf Jahren am Carl-von Ossietzky-Gymnasium das Projekt "Stimmich" eingeführt. Dort bringt die 43-Jährige Abiturienten bei, was neben einem fundierten Wissen noch für das Gelingen der mündlichen Abiprüfung wichtig ist: mit Lampenfieber umzugehen, so zu reden, dass man ihnen gern zuhört, und die Aufmerksamkeit der Zuhörer gewinnt.

Um das zu erlernen, müssen die Schüler eine typische Prüfungssituation vorspielen. "Davon profitieren beide Seiten", sagt Nicola Weber, "die Aufführenden und die Zuhörer." Die Gruppe besteht aus sechs Mädchen und zwei Jungen. Jana, 18, ist als Erste an der Reihe. Ihre Aufgabe: Sie muss zur Tür hereinkommen, sich vorstellen, einiges im Klassenraum vorbereiten und einen Text vorlesen. Vorher hat Nicola Weber vorgeführt, wie es nicht sein soll: Sie hat mit gesenktem Kopf den Raum betreten, hat sich murmelnd vorgestellt und beim Lesen keinen Blickkontakt hergestellt. Desinteresse und Lustlosigkeit habe sie dadurch ausgestrahlt, sagen die Schüler. Jana ist jetzt gewappnet. Trotzdem gelingt ihr keine tadellose Vorführung. "Du musst dir Zeit nehmen, auch für die Vorbereitungen", rät ihre Lehrerin. "Das erzeugt Spannung bei den Zuhörern." Als Jana die Übung wiederholt, ist es besser.

Danach ist Jessica, 18, dran. Sie stellt sich ruhig vor und nimmt sich Zeit. Und tatsächlich: Während sie - ohne ein Wort zu sagen - eine Wasserflasche umstellt und den Overheadprojektor einschaltet, ist Spannung im Raum zu spüren. "Wer sich mit einer guten Körperhaltung und einer kräftigen Stimme präsentiert, bekommt Aufmerksamkeit vom Publikum", sagt Nicola Weber. Noch werden die Kosten für "Stimmich" von der Schule übernommen. Künftig soll das Training als Modul des Projekts "Fit for the Future" ausgeweitet werden. 2012 könnte es auch anderen Schulen zur Verfügung stehen.