Mit dem Knuffingen Airport im Miniatur Wunderland besitzt die Hansestadt jetzt schon drei Start- und Landebahnen, die A380-tauglich sind.

Hamburg. Jetzt sind es nur noch drei Tage bis zum ersten offiziellen "Ready for take off" vom Knuffingen Airport, und noch immer habe Gerrit 160 Punkte auf seiner Mängelliste verzeichnet, erzählt sein um fünf Minuten jüngerer Zwillingsbruder Frederik, 43 Jahre, der am Tag der Arbeit als verantwortlicher "Durchführer" in ihrem Miniatur Wunderland in der Speicherstadt Dienst schiebt. Er nutzt diesen relativ ruhigen Sonntag zur Buchhaltung, für die Lohn- und Gehaltsabrechnungen der mittlerweile 220 Angestellten des Hamburger Tourismusmagneten. "Nein, Gerrit, jetzt nicht, Gerrit", sagt Frederik Braun in den Hörer hinein, und sein Ton klingt beinahe schon nach Befehl, "ja, Gerrit, die Tests gestern Nacht sind gut verlaufen - nein, das ist wirklich nicht nötig ..."

Mit "Tests" sind die Probestarts und -landungen der 28 unterschiedlichen Modellflugzeuge auf dem neuesten Miniaturwunder gemeint, Knuffingen Airport, der eine Art Zäsur darstellt.

Denn mit dieser teilweise hundertprozentigen Kopie des Hamburg Airports (auch anlässlich des 100. Geburtstags dieses wohl ältesten Flughafens der Welt) im Maßstab 1:87, sei nicht nur die Kapazitätsgrenze erreicht worden, "sondern auch wir sind da an Grenzen gestoßen", sagt Frederik Braun, der seinen Bruder schließlich überzeugen kann, zu Hause bei der Familie zu bleiben. "Obwohl es Gerrit lieber gewesen wäre, wenn ich seine Anwesenheit als notwendig erachtet hätte", grinst er.

Von den beiden Schöpfern des Wunderlandes ist Gerrit das Bastelgenie und wahrscheinlich auch der militantere Perfektionist. "Aber genau diese Perfektion ist unsere Stärke, diese Detailgenauigkeit", meint sein Bruder, der als der Kreativkopf des Duos gilt, wobei den Brüdern solche Titel nach eigenem Bekunden völlig wurscht sind, denn am Ende zähle schließlich das Ergebnis, das man sowieso nur mit einem funktionierenden Team erreichen könne; einem Team von Besessenen, die sich beim großen Bruder in Fuhlsbüttel zahllose Anregungen geholt und Details recherchiert haben. Und so handelt es sich bei den 160 Mängeln, die Gerrit an "seinem" neuen Airport beseitigen möchte, bloß um winzige Unzulänglichkeiten, die niemandem auffallen würden. Nur ihm selbst. Hauptsache, das Start- und Landesystem funktioniert, wenn der neue Hamburger Flughafen am Mittwoch vom Ersten Bürgermeister Olaf Scholz und dem Ehrengast Niki Lauda offiziell eingeweiht wird: Die Flugzeuge "verschwinden" mittels einer komplizierten Stangen-Hebe- und Senktechnik im Himmel und setzen dann hinter den Kulissen wieder zur Landung auf der 14 Meter langen Runway an. Hierfür erfanden die Tüftler einen sogenannten Schlitzschließer, der dafür sorgt, dass sich hinter den sich bewegenden Stangen der Spalt in der Start- und Landebahn sofort wieder schließt - eine von 21 neuen Erfindungen, die im Knuffingen Airport stecken, der neben Hamburg Airport und dem Airbus-Werksflughafen dritte Hamburger Flughafen, auf dem das größte Passagierflugzeug der Welt, der Airbus 380, landen kann.

mit dem Miniatur-Airport sind die Wunderland-Macher ihrer Philosophie treu geblieben: "Während andere eine Modelleisenbahn bauen und dann die Landschaft drumherum, denken wir zuerst an die Landschaft", sagt Frederik Braun. Dann, im Verlauf der "Bauarbeiten", entstünden in Teamarbeit die vielen Details, die Geschichten aus dem Leben; wie zum Beispiel ein Sprayer, der auf dem Dach des "Terminals Tango", der nachgebauten, ehemaligen Charterflughalle vom Hamburg Airport, seine Graffiti hinterlässt. Die sprichwörtliche Gelassenheit von Frederik Braun wenige Tage vor der offiziellen Eröffnung ist bemerkenswert. Vielleicht liegt dies auch daran, dass er in den vergangenen elf Jahren, in denen er sich mit diesem Projekt Miniatur Wunderland beschäftigt, gelernt hat, zu delegieren und sich auf die Crew zu verlassen. Er müsse jedenfalls nicht mehr täglich aus dem Urlaub in Hamburg anrufen, fügt er hinzu. Ganz sicherlich liegt es aber auch daran, dass alle, die auf diesem sehr speziellen Planeten arbeiten, täglich aufs Neue vorgeführt bekommen, dass ihre Tätigkeit ausnahmslos für Begeisterung sorgt.

"Wenn ich mal schlecht drauf bin", sagt Frederik Braun, "gehe ich einfach mal eine halbe Stunde in die Ausstellung. Und wenn mich dann auch noch jemand erkennt und mir sagt 'Mensch, ihr seid doch eigentlich viel zu billig', dann ist dies doch das schönste Kompliment, das man von zahlenden Besuchern erhalten kann, oder?"

Die nächsten vier Themen sind bereits in Planung. Als Nächstes wird Italien gebaut, dann kommen Frankreich, England und Afrika dran. Der notwendige Platz ist seit Kurzem gefunden - im gleichen Gebäude. Das viel diskutierte Brückenprojekt übers Fleet in einen Nachbarspeicher wurde beerdigt: "Wir hatten ja zum Glück ein wenig Geld", sagt Frederik Braun bescheiden, "mit dem wir dann der Firma im zweiten Stock ein unmoralisches Angebot gemacht haben." Diese 1200 Quadratmeter sollen für die nächsten zehn Jahre reichen. Aber da ist Braun sich dann doch nicht ganz sicher.