Der Staatsschutz ermittelt. Polizei wartet noch auf ein Bekennerschreiben

Punkt 20.21 Uhr trafen die gefüllten Marmeladengläser die BMW-Limousine von Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU). Die Heckscheibe splitterte. Blaue Farbe verteilte sich im Auto und über den metallic-schwarzen Lack des an der Bernhard-Nocht-Straße geparkten 5er BMWs. Sekunden später flüchteten vier Vermummte auf Mountainbikes, zunächst über die Balduinstraße, dann verlor sich ihre Spur im Straßengewirr St. Paulis.

Auch einen Tag, nachdem Unbekannte einen Farbanschlag auf die Limousine des Senators verübt hatten, hat die Polizei noch keine heiße Spur. Die Sofortfahndung am Donnerstagabend blieb trotz des Einsatzes mehrerer Streifenwagen ohne Erfolg. Und es bleiben Zweifel, ob die Suche nach den vier Kapuzenpullover-Trägern in den nächsten Tagen zum Ziel führt.

Während Wersichs Chauffeur, der hinter dem Steuer des Dienstwagens saß, den Anschlag unverletzt, aber geschockt überstand, erfuhr Wersich erst eine dreiviertel Stunde später von dem Vorfall. Er hatte eine Diskussionsrunde des Rundfunkmoderators Reinhold Beckmann in der Ganztagsschule St. Pauli besucht (wir berichteten).

Gegen 21.15 Uhr, die Veranstaltung war eben beendet worden, beugte sich ein Sicherheitsmann zu Wersich hinunter und flüsterte ihm ins Ohr. Ob sein Fahrer verletzt worden sei, war die erste Frage des überraschten CDU-Senators. Er verließ die Gesamtschule über einen Hinterausgang und wurde in einem anderen Wagen weggefahren.

Die Polizei ermittelt derzeit nur wegen Sachbeschädigung. Die Täter hätten den am Steuer sitzenden Fahrer nicht sehen können, hieß es gestern. Videoaufzeichnungen von der Tat gibt es ersten Angaben zufolge nicht.

Auch der Staatsschutz wurde eingeschaltet. Ein üblicher Vorgang, da ein Senator betroffen sei, sagte ein Sprecher der Polizei. Ob hinter dem Fall eine politische Motivation stehe, könne derzeit aber nur vermutet werden. Bislang sei kein Bekennerschreiben eingegangen.

Wersich steht derzeit unter heftigem politischem Geschützfeuer, nachdem er eine Erhöhung der Kita-Gebühren angekündigt hatte, die für viel Protest der Eltern sorgt.

Allein 2009 waren drei CDU-Politiker Opfer ähnlicher Attacken geworden. Am 7. Oktober warfen Unbekannte Steine und Farbbeute auf die Häuser von Innensenator Christoph Ahlhaus und Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach. Drei Monate zuvor trafen Steine das Haus des Bürgerschaftsabgeordneten Karl-Heinz Warnholz.