Eine ganz besondere Verbindung von Kabarett und Kirchengefühl gab es am Wochenende zum ersten Mal in Hamburg. Die Idee des Zusammenkommens ohne Gotteszwang stammt ursprünglich aus England.

Hamburg. Gardinen dunkeln das Obergeschoss im Haus 73 auf dem Schulterblatt ab. 110 Besucher quetschen sich am Mittag nebeneinander, einige finden keinen freien Stuhl mehr. Vor ihnen steht der Hamburger Kabarettist Sebastian Schnoy und begrüßt seine Gäste – aber nicht zum Kabarett. Denn am Sonntag ist Hamburgs erste „Sunday Assembly“ gestartet, die Sonntagsversammlung. Die Idee: Einen Gottesdienst abhalten, nur ohne Gott und in diesem Fall auch ohne Kirche.

Statt eines Gotteshauses mietete Schnoy mit acht Mitinitiatoren das Haus 73. Für die Besucher ist der Eintritt frei. Schließlich geht es den Veranstaltern darum, wie in einer Kirche ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln. „Die Kirche hat viele solcher sinnvollen Rituale und Gedanken“, sagt Schnoy. Nur der Gotteszwang störe einige. „Also wollen wir das Beste der Kirche verbinden.“ Das sind für Schnoy auch moderne Popsongs statt Gebetslieder. Mit einer Zwei-Mann-Band stimmte der Kabarettist das Lied „Walking on Sunshine“ an. Die Gäste erhoben sich – und sangen lauthals mit.

Die Idee der „Sunday Assemblys“ stammt von zwei britischen Stand-up-Comedians, die ihr Projekt in London starteten. Dort gibt es mittlerweile rund 40 solcher Sonntagsversammlungen. „Es ist schon ein guter Zufall, dass die Idee von zwei Comedians stammt“, sagt Schnoy. So könne auch er alles viel lockerer gestalten, „nicht ganz so bierernst“. In der Tat, seine Moderation erinnerte an die Quatsch-Comedy-Show.

Die Verbindung von Kabarett und Kirchengefühl – das begeisterte auch am Sonntag viele Hamburger. Nur ein paar wenige der 110 Gäste blieben nicht bis zum Ende. Denn den meisten gefiel es, so wie Ola Piskorzynski: „Früher war ich oft in der Kirche, doch die Gottesanbetung wurde mir zu viel. Hier hat mir das Singen und die Gemeinschaft aber wieder sehr gefallen.“ Dass so viele Gäste kamen, freute Schnoy. Die nächste „Sunday Assembly“ findet im Haus Drei in Altona statt. Wie auch die Miete für diesen Sonntag, will Schnoy sie dann wieder mithilfe von Spenden seiner Besucher in der „Collection“ sammeln. Collection – auch dieser Begriff erinnert sehr an die Kirche.