Hamburg. Autofreunde treffen sich illegal auf dem Marktplatz – als Protest gegen die Auflagen der Behörde. Bezirk bezieht Stellung.

  • Am ersten Sonntag im Monat treffen sich Oldtimer-Fans auf dem Blankener-Marktplatz – seit einiger Zeit bewusst illegal
  • Aus dem einstigen Parkplatz wurde eine Veranstaltungsfläche, die jetzt benötigte Sondernutzungserlaubnis sorgt für Ärger
  • Einen Schuldigen haben die Betroffenen bereits gefunden – die Grünen

In der Sonne glitzern die polierten Liebhaberstücke. Passanten machen Fotos, bleiben stehen, hören sich die Geschichten zu den Oldtimern an, die bereits seit Jahrzehnten unterwegs sind. Es wirkt so friedlich an diesem sonnigen Sonntag (3. März) auf dem Blankeneser Marktplatz. Was die wenigsten der interessierten Besucher ahnen: Bei der Aktion handelt es sich um zivilen Ungehorsam. Denn die Autofans treffen sich hier bewusst illegal.

Blankeneser Benzingespräche nennt sich die Gruppe, die sich seit rund zehn Jahren auf dem Platz zum Fachsimpeln, Austauschen und natürlich Präsentieren ihrer Lieblinge trifft. Bis der Marktplatz aufwendig umgebaut wurde. Aus dem einstigen Parkplatz wurde eine Veranstaltungsfläche mit einem Café, einer Musikbühne und viel Platz – nur nicht mehr für Autos.

Ziviler Ungehorsam in Blankenese: Oldtimer-Fans reicht es

Parken ist hier seither nicht mehr erlaubt. Eine Veranstaltung wie der Oldtimer-Treff benötigt eine Sondernutzungserlaubnis und es wird nun eine Gebühr von mehreren Hundert Euro fällig. Versuche, einen Kompromiss oder eine unbürokratische Lösung zu finden, scheiterten bislang. Den Blankeneser Oldtimer-Freunden reicht es, sie proben den Aufstand und holen sich ihren Platz einfach zurück.

Oldtimer-Fan Andreas Köbe mit seinem Käfer Cabrio. Er gründete einst die Blankeneser Benzingespräche mit.
Oldtimer-Fan Andreas Köbe mit seinem Käfer Cabrio. Er gründete einst die Blankeneser Benzingespräche mit. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

„Hier tauchen Fahrzeuge auf, die es teilweise noch nicht einmal im Museum zu sehen gibt, weil sie einmalig auf der Welt sind“, berichtet Oliver Kunz. Der Künstler und Goldschmied aus Blankenese gehört zum Kreis der Oldtimer-Freunde und sieht nicht ein, warum die Gruppe jetzt eine Gebühr zahlen soll. „Unterm Strich profitieren doch alle von dem Treff, ob die Cafés rund um den Marktplatz oder die Besucher und das Leben in der Dorfmitte.“

Blankeneser Marktplatz wird zum Museum und Schauplatz für Oldtimer-Unikate

Auch an diesem Sonntag ist plötzlich richtig Leben auf der – außer an Markttagen – doch sehr karg wirkenden großen Veranstaltungsfläche in der Mitte des Blankeneser Zentrums. Etwa 20 Fahrzeuge sind gekommen. Darunter ist auch ein richtiges Unikat, um das sich eine Traube von Menschen versammelt hat. Die Begeisterung bei Experten und Laien ist groß.

Der Mercedes 540 K, K für Kompressor, in der Ausführung Cabriolet A der Baureihe W 29, wurde zwischen 1936 und 1939 nur 116-mal gebaut. Laut dem Besitzer, ein bekannter Hamburger Anwalt, der aber nicht in die Medien möchte, wurde sein Wagen 1939 gebaut.

Dabei handle es sich um eine Einzelanfertigung für eine Fahrerin, in dem sehr begehrten Mercedes-Farbcode 904 dunkelblau uni und einem Armaturenbrett aus Perlmutt. Allein das ist schon Hunderttausende wert, den Wagen selbst schätzen die Oldtimer-Experten an diesem Tag auf einen Millionenbetrag.

Blankeneser Benzingespräche: Am ersten Sonntag im Monat ist Oldtimer-Treffen

Warum man solch teure Wagen oder mehrere davon besitzt, aber sich um Gebühren streitet? „Wir sind kein Verein“, erklärt Andreas Köbe. Der Blankeneser gehört zu den Mitbegründern der Benzingespräche, die bewusst auch keine Vereinigung sein wollen. Der Besitzer eines Käfer-Cabriolets betont, dass es sich bei der Gruppe um eine lose Runde handle und das auch den Charme ausmache für viele der Teilnehmer.

Am ersten Sonntag im Monat treffe man sich einfach unverbindlich von 13 bis 15 Uhr auf dem Marktplatz. Das sprach sich in der Szene herum. Seither kommen je nach Wetter und Veranstaltungsdichte zwischen drei bis 50 Fahrzeuge.

Stephan Brandt mit seinem BMW 735i Baujahr 1983 ist Sprecher der Gruppe Blankeneser Benzingespräche.
Stephan Brandt mit seinem BMW 735i Baujahr 1983 ist Sprecher der Gruppe Blankeneser Benzingespräche. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

„Es ist nie klar, wie viele mitmachen“, sagt Stephan Brandt, der einen BMW 735i Baujahr 1983 besitzt und der seit Kurzem in der Gruppe als Sprecher fungiert. Das mache eine Berechnung für die Sondernutzungserlaubnis schwer und sehr umständlich. Eine pauschale Vereinbarung in Sachen Gebühr und Genehmigung sei vom Bezirk abgelehnt worden, was von der Verwaltung in Altona auf Anfrage auch bestätigt wird.

Kritik der Oldtimer-Fans: „Grüne Politik Altonas, ist schuld an unserer Vertreibung“

Dabei hatten sich die Oldtimer-Fans auch in die Gestaltungsplanung für den Umbau des Marktplatzes eingebracht. Demnach hätte man ihnen damals zugesagt, sie dürften anschließend auch an ihren alten Platz zurückkehren. Dazu kam es nicht. Aufgrund der Querelen hat sich die Gruppe erst nach Flottbek dann auf einen Parkplatz in Iserbrook zurückgezogen. Aber nun reicht es Teilen der Gruppe, vor allem denen, die aus Blankenese stammen.

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„Wir sind die Blankeneser Benzingespräche“, so Kunz aufmüpfig, für den klar ist, wo das Problem wirklich liege: „Die grüne Politik Altonas, die jeglichen Spaß zu verhindern versucht, insbesondere, wenn es um Automobilität geht, ist schuld an unserer Vertreibung.“ Und das will sich der Blankeneser nicht länger gefallen lassen.

Blankeneser Oldtimer-Treff: Bezirksamtsleiterin äußert sich zu Sondernutzung

Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg (Grüne) beruft sich hingegen darauf, dass sie überhaupt keinen Ermessensspielraum in der Sache habe. „Ich darf die Fläche nicht einfach freigeben. Es gibt eine Gebührenordnung für Sondernutzungen, an die haben wir uns zu halten“, so von Berg.

Sie rät den Auto-Fans, einen gemeinnützigen Verein zu gründen, dann könnten sie die Fläche auch kostenlos nutzen. Zu dem zivilen Ungehorsam, der da in Blankenese nun geprobt wird, sagt sie unmissverständlich: „Wenn wir davon erfahren, müssen wir die Fläche durch die Polizei räumen lassen.“