Linke kritisiert Vorgehen der Beamten. Polizeipräsident Wolfgang Kopitzsch zeigt sich betroffen. Sonntagabend versammelten sich erneut Demonstranten. Entsetzen über Gewaltausbruch.

Hamburg. Nach den extrem gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Linksautonomen aus dem Umfeld des besetzten Kulturzentrums Rote Flora und der Polizei am Wochenende, herrscht Entsetzen in der Politik und bei der Polizei. Innensenator Michael Neumann (SPD) verurteilte die Ausschreitungen auf das Schärfste: „Chaoten aus der gesamten Bundesrepublik und dem Ausland haben massive Gewalt ausgeübt. Sie haben Feuerwehrleute, Polizistinnen und Polizisten mit großer Brutalität angegriffen und sind auch nicht davor zurückgeschreckt, unbeteiligte Passanten zu gefährden“, sagte Neumann. Er begrüßte es ausdrücklich, dass mehrere Gewalttäter festgenommen wurden.

Auch einen Tag nach den schweren Krawallen waren erneut rund 400 Menschen im Schanzenviertel unterwegs, warfen Pyrotechnik, betraten die Fahrbahn, wie eine Polizeisprecherin sagte. Als die Polizei mit einem Großaufgebot und Wasserwerfern auftauchte, flüchteten die Demonstranten. Bereits Freitagnacht hatten knapp 300 Randalierer die Davidwache attackiert. Durch Steinwürfe gingen Fensterscheiben zu Bruch, Peterwagen vor der Wache wurden beschädigt.

Polizeipräsident Wolfgang Kopitzsch zeigte sich betroffen über „die offensichtliche Bereitschaft der Störer, die Gefährdung für die Gesundheit und das Leben von Unbeteiligten und Polizisten in Kauf zu nehmen.“ Kai Voet van Vormizeele, innenpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, sagte, die Rote Flora sei ein Ort, von dem gezielt Gewalt ausgehe, und forderte Konsequenzen: Hamburg dürfe es sich nicht leisten, dem „kranken Freizeitvergnügen einiger weniger Psychopathen zuzusehen“.

Leitartikel: Hauptsache Krawall

Christiane Schneider, innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, kritisierte dagegen das Vorgehen der Polizei. Sie habe den Eindruck gewonnen, dass es die „politische Absicht war, die Demonstration nicht stattfinden zu lassen“. Das Grundrecht auf Protest habe Schaden genommen.

Orgie der Gewalt beginnt um 15.09 Uhr – und endet erst spät am Abend

Die Kundgebung für den Erhalt der Roten Flora war am Sonnabend zu einer Orgie der Gewalt eskaliert. Im Schanzenviertel und auf St. Pauli lieferten sich Polizisten und Linksradikale die heftigsten Straßenschlachten seit Jahrzehnten. Annähernd 120 Beamte wurden während der Auseinandersetzungen verletzt, 19 von ihnen so schwer, dass sie in Krankenhäusern behandelt werden mussten.

Linke Gruppen sprachen von 500 verletzten Demonstranten, davon etwa 20 Schwerverletzte. Ein Sprecher der Feuerwehr berichtete von insgesamt 66 Rettungseinsätzen sowohl für verletzte Polizisten als auch für Demonstranten.

Kritik an Randalierern, Politik und Polizei

Etwa 7300 Demonstranten hatten sich am Nachmittag im Schanzenviertel versammelt. Nach Schätzung der Polizei befanden sich darunter etwa 4700 gewaltbereite Linksradikale; deutlich mehr als erwartet. Die Lage geriet schnell außer Kontrolle, nachdem die Bereitschaftspolizei den Demonstrationszug bereits nach 50 Metern unterhalb der Eisenbahnbrücke am Schulterblatt stoppte. Die Demonstranten sollen sich zuvor nicht an die Absprachen mit der Polizei gehalten haben.

Sofort nach dieser „Aufstoppung“ wurden die Beamten mit Steinen, Flaschen, Knallkörpern und Farbbeuteln beworfen. Die Polizei setzte Wasserwerfer, Reizgas und Schlagstöcke ein. Danach verlagerten sich die Auseinandersetzungen auf die Straßen rund um die geräumten Esso-Häuser am Spielbudenplatz und den U-Bahnhof Hoheluftbrücke. Kleingruppen von Randalierern zogen durch die Stadt. Scheiben am Bezirksamt Eimsbüttel und die Schaufenster zahlreicher Geschäfte und mehrerer Hotels wurden zerstört, Barrikaden errichtet und Autos angezündet.

So verlief die Demonstration – Liveticker von Sonnabend

Die Polizei, die mit mehr als 3100 Beamten im Einsatz war, nahm 300 Randalierer in Gewahrsam. 21 Demonstranten wurden festgenommen, zehn von ihnen stammen aus Hamburg. Den meisten Festgenommenen wird schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen.