Polizei besorgt nach Gewalt-Demo. Durch eine Verjüngung der Szene könnte sich der Kreis der Gewaltbereiten deutlich vergrößert haben. Kirche ruft zu friedlichem Protest für Flüchtlinge auf.

Hamburg. Die gewaltbereite linke Szene in Hamburg steht offenbar vor einem Generationswechsel. Bei den schweren Ausschreitungen im Schanzenviertel am Dienstagabend haben sich besonders junge Randalierer hervorgetan. Die drei Festgenommenen sind erst 15 und 17 Jahre alt. Polizeisprecher Mirko Streiber sagte, alle verfügten über einen klaren politischen Hintergrund.

Bei der von der Roten Flora organisierten „Spontandemonstration“ waren mehr als 1000 Autonome und Unterstützer der linken Szene durch die Sternschanze gezogen, um für die sogenannten Lampedusa-Flüchtlinge und deren Bleiberecht zu demonstrieren. Dabei kam es auch zu Gewalttaten. Die drei Jugendlichen fielen durch Flaschenwürfe beziehungsweise Widerstand gegen die Polizei auf. Zwei wohnen in Niedersachsen, einer in Hamburg. „Sie sind nicht die typische Klientel, die wir auf solchen Veranstaltungen sonst angetroffen haben“, sagte ein Beamter. Sie gehören also nicht zu den „erlebnisorientierten Jugendlichen“, die sich aus Spaß am Krawall beteiligen.

Die Polizei sieht die Entwicklung mit großer Besorgnis. Durch eine Verjüngung der Szene könnte sich der Kreis der Gewaltbereiten, der sich den Beamten bei Veranstaltungen entgegenstellt, deutlich vergrößert haben. Wie das Abendblatt erfuhr, waren bürgerliche Gruppen, die sich in den vergangenen Wochen immer wieder an Pro-Flüchtlings-Demonstrationen in Hamburg beteiligt hatten, von der Aktion am Dienstag explizit ausgeschlossen worden. Grund: Die Szene habe freie Hand haben wollen, um die Polizei gezielt angreifen zu können, heißt es aus Behördenkreisen. „Das Ziel war nicht, ein Thema zu besetzen, sondern Krawall.“ Unterstützergruppen der Flüchtlinge hatten zuvor gewarnt, Gewalt werde die Sache nicht voranbringen. Friedlich blieb dagegen am Mittwochnachmittag eine weitere Demonstration für die Lampedusa-Flüchtlinge, zu der Linke und bürgerliche Gruppen aufgerufen hatten. 1100 Menschen beteiligten sich laut Polizei an dem Marsch durch die Innenstadt.

Allerdings rechnet die Polizei auch mit neuen gewalttätigen Aktionen in Hamburg. Die Szene hatte im Internet ausdrücklich „nicht legale“ Proteste angekündigt. Wenn es keine Lösung für die Flüchtlinge gebe, würden die Stadt und der Senat „keinen ruhigen Tag mehr erleben“, so die Drohung. Polizeisprecher Streiber sagte, vieles hänge davon ab, wie das gesamte Unterstützerfeld der rund 300 Afrikaner jetzt reagiere. Die evangelische Nordkirche distanzierte sich klar von den Krawallen. „Wir lehnen jede Art von Gewalt ab“, sagte Sprecherin Susanne Gerbsch. „Nur friedliche Unterstützung oder Formen des Protests können im Sinne der Flüchtlinge sein.“ Die Afrikaner dürften nicht instrumentalisiert werden.

Von den 19 am Wochenende vorübergehend in Gewahrsam genommenen Flüchtlingen meldeten sich trotz Aufforderung gestern nur vier bei der Ausländerbehörde, um ihr Schicksal zu schildern – einer kam persönlich, drei stellten schriftliche Anträge für einen Verbleib aus humanitären Gründen. Laut Ausländerbehörde können sich die Flüchtlinge auch noch an den kommenden Tagen melden. Persönlich müssen sie nicht erscheinen, ein schriftlicher Antrag reicht aus. (dfe/coe/mik/vldoe)