Altonaer Politiker fordern Oberbaudirektor Walter auf, den Weg für Wohn- und Geschäftshaus gleich neben der Ikea-Baustelle frei zu machen

Hamburg. Viele Jahre lang war der Platz in Altona eher ein Ort, um sich besonders viele Beispiele trostloser 70er-Jahre-Architektur anzuschauen: Doch inzwischen ist um den sogenannten Goetheplatz an der Großen Bergstraße ein heftiger Streit entstanden - so als ginge es um einen Schnittpunkt von Mönckebergstraße und Spitaler Straße. Ein Vergleich, der aus Sicht der Bezirkspolitik gar nicht so abwegig ist. "Das wird wieder die zentrale Einkaufsstraße Altonas", sagt der SPD-Planungsexperte Mark Classen. Das zweitwichtigste Geschäftszentrum Hamburgs nach der Mönckebergstraße eben, wie er meint. Doch wie dieses Areal aussehen wird, das ist zum großen Teil noch offen. Die rot-grüne Bezirkskoalition fordert Hamburgs Oberbaudirektor Jörn Walter daher jetzt auf, dass er seine zögerliche Haltung aufgibt, und der Bezirk mit einer Baugenehmigung grünes Licht für ein neues, markantes Wohn- und Geschäftshaus auf dem Platz am Beginn der Großen Bergstraße geben kann.

Ein entsprechender Antrag ist gestern in der Bezirksversammlung im Altonaer Rathaus mit großer Mehrheit beschlossen worden: "Wir wollen da jetzt Druck machen, weil das Projekt beim Oberbaudirektor hängt", bekennt Classen offen. Und tatsächlich sieht Walter dort gestalterischen Nachholbedarf, wie er sagte: "Nach den vielen Jahren vergeblicher Versuche begrüße ich die geplante Bebauung der 'Bergspitze'", so Walter. Gestalterisch sehe er aber noch Verbesserungsmöglichkeiten, die vielleicht auch die Bedenken vor Ort etwas entschärfen könnten.

+++ Streit um Goetheplatz: Zu wenig Platz neben Ikea? +++

Gegen die Baupläne hat eben nicht nur Hamburgs oberster Stadtbild-Wächter Bedenken, auch die Linke und eine Anwohner-Initiative laufen gegen die Bebauung der "Bergspitze" Sturm. Viele der Gegner dieser Bebauung hatten allerdings bereits gegen die Pläne des Möbelkonzerns Ikea protestiert, der dort an der Großen Bergstraße sein erstes Innenstadt-Möbelhaus plant. Man muss also ein wenig in die Historie gehen, um diesen Streit um die Bergspitze zu verstehen:

In den 70er-Jahren nach dem Bau des Frappant-Komplexes (unter anderem Karstadt) galt die Große Bergstraße als größte moderne Fußgängerzone der Republik, eine schicke neue Einkaufswelt. Doch bald schon begann der geschäftliche Niedergang. Bei vielen Versuchen der Revitalisierung wurden dann eine Reihe Pavillons abgerissen, in denen Läden mitten auf der Neuen Bergstraße standen. Heute ein Grund, warum dieses Areal als Fußgängerzone sehr breit ist. Dennoch waren auch nach dem Abriss der kleinen Buden die Neue Große Bergstraße und ihre Fortsetzung Große Bergstraße immer mehr von Sonderpostengeschäften und ähnlichen Geschäftsmodellen geprägt - ohne dass sich Protest regte.

Erst mit den Ikea-Plänen für das Areal des inzwischen abgerissenen Frappants kommt nun ein Aufschwung - und Protest. Aktuell sind es allein sechs Geschäftshäuser, die in dem Straßenzug umgebaut werden. Gegenüber der Ikea-Baustelle baut beispielsweise der Architekt Richard Dörner eine frühere Porno-Videothek zu einem Wohn- und Geschäftshaus mit einem Café im Erdgeschoss um. Teile der alten Fassade sowie die alten Türen will er erhalten - obwohl das Gebäude nicht unter Denkmalschutz steht.

Ikea-Gegner wie Thomas Leske (Altopia) sehen in solchen Umbau-Tendenzen die Gefahr, dass die Mieten im Gebiet steigen und Geringverdiener verdrängt würden, weil Investoren nun hier ein gutes Geschäft ahnen.

Das sei eher eine "Systemkritik", argumentiert hingegen SPD-Politiker Classen und setzt auf Neubauten auf der Bergspitze, um die Straße "wieder nach vorn" zu bringen, wie er sagt. Ein weiteres Argument: Der bisher gültige Bebauungsplan erlaube dort eine Bebauung weit in die Neue Große Bergstraße hinein - eben dort, wo einmal die Pavillons standen und heute der Wochenmarkt seinen Platz hat. In Verhandlungen mit dem Investor hätten sich die Bezirkspolitiker auf einen Kompromiss geeinigt: Das markante neue Eckgebäude darf nun um einige Meter auf den Platz hineinragen. Das aber, so schimpfen die Gegner, sei ein Ausverkauf des öffentlichen Raums. Doch ohne diese Ausweitung verzichtet der Investor auf das Vorhaben, sagt Classen. Erklärtes Ziel sei hingegen, dass mit der Ikea-Eröffnung auch dieser Abschnitt fertig gebaut ist.

Ein wenig Zeit bleibt aber: Zwar gibt es für das Ikea-Gebäude seit Monaten schon eine gigantische Baugrube. Doch auch jetzt im Frühjahr ist dort noch kein Bauarbeiter zu sehen. Denn der letzte Beschluss der schwedischen Konzernspitze steht noch aus, wie Ikea Deutschland bestätigt. Baubeginn sei nun August oder September, Ende 2013 würde Ikea Altona eröffnen.