Zunächst ist die elfjährige Vilja entsetzt. Schließlich wurde sie gerade, wenn auch unabsichtlich, von einer bizarren Räuberbande entführt. Diese Piraten der finnischen Landstraßen hatten es eigentlich nur auf ein paar Wertsachen aus dem Auto von Viljas Eltern abgesehen. Aber mit dem Mädchen haben sie einen besonderen Fang gemacht.

Der Schrecken des Kidnappings, der beide Seiten erst einmal tief verunsichert, löst sich in „Vilja und die Räuber“, Marjut Komulainens Verfilmung von Siri Kolus gleichnamigen Roman für Kinder, bald in Wohlgefallen auf. Damit hätte die patente, aber auch ein wenig altkluge Vilja (Sirkku Ullgren) wirklich nicht gerechnet. Aber nach und nach erweist sich diese Entführung als wahres Geschenk für das einsame, von ihrer Familie nicht verstandene Mädchen.

Bei den Räubern, die sich als erweiterte Familie um das alternde Hippie-Paar Hurja-Kaarlo (Kari Väänänen) und Hilda Rosvola (Lotta Lehtikari) versammelt haben, findet sie etwas, das sie so bisher nicht kannte. Während sich in der bürgerlichen Welt ihrer Eltern alles nur um Geld und Ansehen dreht, bilden die Rosvolas eine verschworene Gemeinschaft. Wer wie sie außerhalb der Normen lebt, muss einfach zusammenhalten. Und in diesem familiären Verbund gibt es nicht nur einen Platz für Vilja. Hier hört man ihr zu und geht auf ihre Ideen ein.

Aus dem Zusammenprall der bürgerlichen und der kriminellen Welt (wobei kriminell ein viel zu harsches Wort für die eher neckischen Raubzüge ist), schlägt Marjut Komulainen zumindest gelegentlich komische Funken. So springt Vilja zwar im Lauf eines Sommers öfter über ih­ren Schatten und schläft im Freien oder isst aus einer Pfanne. Aber bei dem Überfall auf eine Videothek zahlt sie die gestohlenen Süßigkeiten heimlich mit der Bankkarte ihres Vaters. Zu viel Anarchie könnte ihr neu gefundenes Idyll nur gefährden.

„Vilja und die Räuber“ FIN 2015, 85 Minuten, ohne Altersbeschränkung, Regie: Marjut Komulainen, Darsteller: Sirkku Ullgren, Ilona Huhta, Lotta Lehtikari, täglich im Abaton und Zeise