Zirkuszelte üben seit Jahrhunderten eine besondere Faszination aus. Die Schicht ist dünn, die den Menschen von der Natur trennt, vom Draußen. Unter der Kuppel scheint alles leichter, luftiger. Eine Brise weht herein, der Applaus tönt heraus. Eine Spielstätte auf Zeit, die sich flugs abbauen lässt. Und so träumt sich der Besucher fort, bricht gedanklich die Zelte ab, vagabundiert für ein paar Stunden von dannen. Und die dargebotene Kunst, sie beflügelt die Reise noch.

Mit einem üppigen Programm lädt ein engagiertes Team in diesem Frühsommer in das 500 Menschen fassende Zirkuszelt im Schanzenpark. Der Verein bajazzo hat gemeinsam mit den Hamburger Musikagenturen popup-records und Rodrec für die Wochen vom 29. Mai bis zum 5. Juli einen illustren Mix aus Konzerten, Lesungen, Theater und Kleinkunst zusammengestellt. In sattgrüner Kulisse mit Wasser- sowie Fernsehturm in Blickweite.

Den Auftakt macht diesen Freitag das Konzert von Talking To Turtles und Jonas Alaska (19.30 Uhr, 14 Euro, alle Ticketpreise zzgl. Geb.). Erstere bestehen aus den Leipzigern Claudia Göhler und Florian Sievers, deren detailverliebter Folkpop-Sound perfekt in das provisorische Rund eines Zirkuszelts passt, verhandeln sie in ihren Songs doch all die feinen kleinen Erlebnisse und Entdeckungen, die unser Leben prägen. Manege frei also für Herzerweiterndes! Dies gilt ebenso für die Singer-Songwriter-Kunst des Norwegers Jonas Alaska, der mit Hut auf lockigem Haar bereits viel Flair des fahrenden Volks ausstrahlt.

Auf die hintersinnig groovenden Songs von Die Sterne (30.5., 20 Uhr, 20 Euro) folgt am Sonntag mit „Secret Wars – Live Art Battle“ ein spannendes experimentelles Kunst-Format (19.Uhr, ca. 5 Euro, nur Abendkasse). Zwei Teams aus je drei Künstlern haben 90 Minuten Zeit, um – ausschließlich mit schwarzen Markern ausgestattet – eine weiße Wand zu gestalten. Eine Jury sowie das Publikum entscheiden im Anschluss, welches Gemälde das stärkere ist. Die Werke wiederum werden noch am Abend für den guten Zweck versteigert.

Vormerken sollten sich vor allem Kiez-, Kneipen- und Club-Gänger die Türsteher-Lesung „Zeit für Zorn“, bei der stets hanebüchen komische sowie abgründige Storys aus dem Nachtleben zu hören sind (5.6., 20 Uhr, 8 Euro).

Wer übrigens vorab schon ein wenig Zirkuszelt-Atmosphäre aufsaugen will, dem sei der Trailer zur Schanzenpark-Sause auf der Programm-Webseite empfohlen. Plaudernde Leute im Grünen, Lichterketten in der Dämmerung, Tanzende mit leuchtenden Augen. „Und was wir, was wir haben wollen/es liegt vor uns“, singt Moritz Krämer von Die Höchste Eisenbahn zu diesen stimmungsvollen Bildern. Die Berliner Band tritt am 12. Juni gemeinsam mit Game Ove & Die Spielfiguren auf. Das Konzert ist fast ausverkauft, einige Restkarten wird es noch an der Abendkasse geben. Es lohnt sich also durchaus, den Zirkuszelt-Besuch frühzeitig zu planen. Dann hält die Vorfreude auch umso länger an.

Zirkuszelt im Schanzenpark Fr 29.5. bis So 5.7., Schanzenpark, Sternschanze (Anreise hier), Programm und Karten: www.zirkuszelt-im-schanzenpark.de