Sein Enthusiasmus für den Jazz ist ungebrochen. „Das ist wohl eine milde Form von Besessenheit, die genetisch bedingt ist“, sagt Abbi Hübner. Seit mehr als 60 Jahren spielt der Trompeter New Orleans und Oldtime Jazz, vor genau 50 Jahren gründete er seine Low Down Wizards. Die Combo existiert immer noch, von der Originalbesetzung des Oktetts sind noch vier Mitglieder dabei.

Heute feiert die Band ihr Jubiläum mit einem Konzert in der Kleinen Laeiszhalle. „Zaubertricks werden wir nicht aufführen“, sagt Hübner, „Wir werden die Nummern spielen, die das Publikum von uns erwartet.“ Es werden jedoch ein paar besondere Gäste mit den Low Down Wizards auf der Bühne stehen: Mit der afroamerikanischen Sängerin Janice Harrington hat Hübners Band schon öfter gearbeitet. Auch Peter „Banjo“ Meyer wird bei den Low Down Wizards an diesem Abend einsteigen. Aus Düsseldorf reist Lorenz Schwegler, der ehemalige Pianist der Jazztruppe an. „Schön wäre es auch gewesen, wenn Wilm Dohse, unser erster Schlagzeuger, nach Hamburg gekommen wäre. Doch er schafft die Reise aus Westdeutschland nach Hamburg aus gesundheitlichen Gründen nicht“, bedauert Abbi Hübner.

Der Rest seiner Truppe erfreut sich allerdings bester Gesundheit. Zu den Ursprungsmitgliedern gehört der Posaunist Gert Goldenbow. Über ihn sagt Hübner: „Er ist geschäftsführender Direktor, Manager und Reiseleiter der Kapelle, dessen knallharter Verhandlungstaktik es zu danken ist, dass die Low Down Wizards immer wieder in landschaftlich reizvoller Umgebung an abgelegenen Orten zu spektakulären Auftritten vor dreißig Zuhörern und einem Teller warmer Suppe kommen.“ Auch der Saxofonist und Klarinettist Wolfgang Schultz-Coulon steht seit 50 Jahren mit Hübner auf der Bühne. Der Architekt ist ein ebenso leidenschaftlicher Jazzfanatiker wie sein Bandleader. Klarinettist Claus Jürgen Möller komplettiert die Melodiesektion der Low Down Wizards. Hübner beschreibt ihn so: „Claus, wegen einer periodisch auftretenden, milden Form von Zerstreutheit auch gelegentlich ,Konfuzius‘ genannt, ist es zu danken, dass der Band eine durch Arrangements eingeengte Spielweise bisher erspart geblieben ist. Er taucht immer wieder zu ungewöhnlichen Zeiten dort auf, wo keiner mit ihm rechnet, bleibt aber dafür gerne dann aus, wenn sein Erscheinen fest eingeplant ist.“Generalprobe auf dem FeuerschiffAuch schon 45 Jahre lang bei den Jazz-Zauberern dabei ist der Gitarrist und Banjospieler Thomas Streckebach. Ihm sagt Hübner in seiner pointierten frotzelnden Art ein ausgeprägtes Modebewusstsein nach: „Er kombiniert zerknauschte Lederjacken, bügelfaltenfreie Hosen, olivfarbene Schuhe und verwaschene Oberhemden zu einem erschreckenden Erscheinungsbild.“ 1984 stieß Peter Cohn als Pianist zu den Low Down Wizards. Als sensibler Musiker leidet Peter wie ein Hund unter schlechten Spielbedingungen, die leider häufig durch überalterte, verstimmte und unter erheblichen Verschleißerscheinungen leidende Klaviere vorgegeben sind. Erst in diesem Jahrtausend stießen Bassist Klaus Gerhard Anders und Schlagzeuger Johannes Eichholz zu der Hamburger Jazzkapelle. Der Drummer ist auch mit Abstand der Jüngste des Jazz-Achters. Mit 41 Jahren ist er nur halb so alt wie Hübner, der im kommenden Januar bereits seinen 82. Geburtstag feiern kann.

Am Dienstag hat sich die Band auf dem Feuerschiff zur Generalprobe verabredet. „Wir müssen natürlich alle Nummern noch mal durchgehen, damit wir ein gutes und professionelles Konzert abliefern“, erzählt Hübner. Mit Goldenbow, Schultz-Coulon und Möller trifft er sich jede Woche zum gemeinsamen Musizieren, meistens in seinem Haus in Rahlstedt. „Wir müssen unserem Publikum natürlich auch neue Stücke präsentieren. Die entwickeln wir gemeinsam in dieser Bläsergruppe.“ Die gesamte Band trifft sich nicht so häufig, meistens einmal im Monat, wenn Auftrittstermine anstehen, jedoch öfter. Obwohl die meisten der Wizards Amateurmusiker sind, nehmen sie ihre Treffen und Konzerte sehr ernst. „Wir wollten immer authentisch und ehrlich sein und auch immer besser werden, dabei aber Spaß haben und diese Spielfreude ans Publikum weitergeben.“ Bis heute nimmt Hübner seine Trompete jeden Tag in die Hand und spielt.

Eine lange Zeitspanne von 50 Jahren geht natürlich nicht ohne Krisen ab. Anfang der 70er-Jahren standen Hübner und seine Mitstreiter einmal kurz davor, die Band aufzulösen. Der Bassist war von Beruf Ingenieur und musste die Band verlassen, weil er wieder zur See fahren musste, Schlagzeuger Thomas Danneberg hatte als Synchronsprecher so viel zu tun, dass er ebenfalls nicht mehr genug Zeit hatte. „Damals standen wir anderen vor dem Winterhuder Fährhaus und hätten eigentlich ,Nein’ zur Zukunft der Band sagen müssen, weil wir keine Rhythmusgruppe mehr hatten. Doch man braucht auch etwas Stehvermögen. Deshalb haben wir uns entschieden, mit neuen Leuten weiterzumachen“, erzählt Hübner. Das war jedoch die einzige echte Krise der Low Down Wizards.„Wir spielen, was das Publikum von uns erwartet“Mit großer Vorfreude, aber auch mit ein bisschen Wehmut denkt Abbi Hübner an das Jubiläumskonzert: „Ich bin nicht überzeugt, dass der Jazz überleben wird. Junge Leute wissen kaum etwas davon. Es fehlt im Publikum an Nachwuchs, weil es im Radio kaum Jazzsendungen gibt. Das war in den 50er- und 60er-Jahren anders. Andererseits kann es uns egal sein. Wir haben ein Leben lang Jazz gespielt.“ Und gelebt. Hübner, oder „Doktor Jazz“, wie er in Anspielung auf seinen Beruf genannt wird, ist ein besonderes Beispiel für diese Passion. „Der Jazz sprang mich an wie ein wildes Tier und hat mich nie wieder losgelassen.“ (oeh)

Abbi Hübner’s Low Down Wizards Fr 19.12., 20 Uhr, Laeiszhalle, kleiner Saal, Johannes-Brahms-Platz, Karten von 14,70 bis 51,40 unter www.elbphilharmonie.de oder an der Abendkasse